Wie wichtig es ist, den eigenen künstlerischen Output konsequent in Buchform zu dokumentieren, erklärt Alexander Hilbert, Mitgründer des KRAUTin Verlags, im folgenden Interview. Mit dem neuen Whitepaper des KRAUTin Verlags lässt sich der Weg vom ersten Konzept bis zur finalen Distribution deutlich vereinfachen.

Krautin OnePrice ist das vielleicht ungewöhnlichste Ange-bot, dass es zur Zeit auf dem Markt gibt. Denn egal, ob ein Fotobuch 60, 340, 80 oder 110 Seiten hat – der Preis bleibt 700 Euro. Nur die Höhe der Auflage ändert sich
ProfiFoto: Alexander Hilbert, warum braucht es heute noch Kataloge, wo doch alles online sichtbar ist?
Alexander Hilbert: Wir leben in einer Zeit, in der digitale Sichtbarkeit oft mit Relevanz gleichgesetzt wird. Aber ein Instagram-Post ist eben kein nachhaltiger Beitrag zum kunsthistorischen Diskurs. Ein Katalog ist anders: Er lässt sich weiterreichen, archivieren, verschenken, zitieren. Kurator:innen und Kritiker:innen recherchieren nicht auf Social Media, sondern in Archiven und Bibliotheken. Wenn ein Werk in Katalogen dokumentiert ist, wird es ernsthaft rezipiert – das kann Google nicht leisten.
Sie schreiben im Whitepaper, dass Künstler:innen nicht nur Werke, sondern auch Informationen produzieren. Was heißt das konkret?
Kunstwerke sind nicht losgelöst von Kontext, Technik und Konzept. Jede Arbeit enthält Informationen über die Herangehensweise, über inhaltliche Linien, über die künstlerische Position. Ein Katalog macht all diese Ebenen sichtbar und nachvollziehbar. Erst wenn das Werk kontextualisiert ist, kann es in Diskurse eingehen. Ein Katalog ist deshalb ein Erkenntnisinstrument – für Außenstehende, aber auch für die Künstler:innen selbst.
Welche Vorteile hat es, das Ganze mit einem Verlag zu machen?
Ein Verlag bringt drei Dinge: Reichweite, Renommee und Verfügbarkeit. Wenn ein Titel in einem Verlagsprogramm erscheint, signalisiert das Qualität. Das schafft Vertrauen – bei Sammler:innen, Galerien, Institutionen. Und: Wir sorgen für alles, was über die reine Produktion hinausgeht: ISBN, Eintragung ins Verzeichnis lieferbarer Bücher, Versand an Bibliotheken, Vertrieb über Buchhandel und Webshop. Kurz gesagt: Wir machen das Buch sichtbar und verfügbar.
Sie sprechen von „Demokratisierung der Kunstbuchproduktion“. Was bedeutet das?
Lange Zeit waren große Museen oder etablierte Galerien die Gatekeeper. Nur dort konnten Kataloge entstehen. Heute gibt es kleine Auflagen ab 50 Stück, Nachdruckoptionen, digitale Vorlagen – damit kann auch eine einzelne Werkphase oder ein Projekt dokumentiert werden. Das senkt die Hürden enorm. Wer früher warten musste, ob jemand von außen einen Katalog ermöglicht, kann heute selbst entscheiden, wann und wie das eigene Werk sichtbar wird.
Ein oft heikles Thema sind die Kosten. Welche Strategien empfehlen Sie?
Man sollte realistisch rechnen, nicht mit Wunschvorstellungen. Wichtig ist zu prüfen: Welche Kontakte habe ich – vielleicht regionale Kunstvereine oder kleinere Fördertöpfe? Was kann ich selbst übernehmen – etwa Abbildungen oder Layout? Zudem gibt es Förderungen, etwa über die VG Bild-Kunst, die bis zu 20 Prozent der Kosten abdecken können. Und Crowdfunding kann eine Option sein, aber nur, wenn man wirklich bereit ist, eine Community aktiv einzubinden.
Ihr Whitepaper enthält sechs Checklisten für die Buchproduktion. Was war die Idee dahinter?
Aus unserer Erfahrung mit über 250 Produktio-nen wissen wir, wie komplex der Prozess ist. Viele Künstler:innen unterschätzen, wie viele Entscheidungen getroffen werden müssen – vom Buchtyp über Layout und Papier bis zur Preisfindung und Pressearbeit. Mit den Checklisten geben wir eine Art Fahrplan: Was muss ich in der Konzeption bedenken? Welche Materialien brauche ich? Wann ist das Korrektorat fällig? Wie finde ich den richtigen Preis? Und: Wie erzähle ich die Geschichte meines Buches, damit es auch wahrgenommen wird?
Oft heißt es, Social Media sei der einzige Weg zu Sichtbarkeit. Teilen Sie diese Einschätzung?
Nein. Natürlich spielen digitale Kanäle eine Rolle. Aber Sichtbarkeit gibt es auch jenseits von Algorithmen. Ein Katalog ist ein physisches Medium. Er kann auf Messen ausgelegt, an Sammler:innen verschickt oder in Bibliotheken archiviert werden. Er ist nicht von Likes abhängig. Das gibt ihm eine andere, nachhaltigere Qualität.
Was raten Sie Künstler:innen, die gerade mit dem Gedanken spielen, einen Katalog zu machen?
Mein Rat ist: nicht warten. Ein Katalog ist kein Endpunkt, sondern ein Werkzeug. Er dokumentiert, wo man gerade steht – und kann auch nur eine Phase oder Serie festhalten. Man muss nicht gleich das große Gesamtwerk publizieren. Entscheidend ist, anzufangen. Denn ein guter Katalog ist wie ein Klettverschluss: Er verbindet Arbeiten, Texte, Stimmen und macht die eigene Position lesbar. Und er ist oft ein Türöffner – für neue Kontakte, Ausstellungen und Sammlungen.
Ihr Fazit in einem Satz?
Ein Katalog ist mehr als ein schönes Buch – er ist ein strategisches Instrument, um künstlerische Arbeit sichtbar, verstehbar und langfristig wirksam zu machen.
Foto oben: Alexander Hilbert, Foto: © Martin Zellerhoff













