Während die Fotokunstmesse Paris Photo im November einmal mehr boomte, kühlte der Kunstmarkt allgemein spürbar ab: Sammler agieren vorsichtiger, Auktionspreise zeigen weniger Dynamik, und Online-Verkäufe stagnieren. Wie ist die Lage in der Fotokunst-Nische?
Das wollten wir wissen:
- Spiegelt diese Gesamtentwicklung am Kunstmarkt auch die Lage für Fotografie wider?
- Wie lautet Ihre Prognose für die Marktentwicklung in diesem Jahr?
- Welche Positionen verkaufen sich aktuell am Fotokunstmarkt am besten?
- Welche Bedeutung hat die 19%ige Umsatzsteuer auf Fotokunst gegenüber 7% für die übrige Kunst auf dem Markt?
Hannes Kuckei, Inhaber der Galerie Kuckei + Kuckei, Berlin
1.
Tatsächlich ist der Markt für Fotografie in den letzten zehn Jahren immer größer geworden. Viele Museen für zeitgenössische Kunst weltweit haben ihre Sammlungen mit bedeutenden Werken der Fotografie ergänzt und erweitert. Die Fotokunst ist nicht mehr in einer Nische, dies sieht man auch an der großen Bedeutung der Paris Photo, zu der jedes Jahr mehr SammlerInnen, KuratorInnen und Trustees aus aller Welt kommen. Auch gibt es immer mehr private SammlerInnen, die sich für das Medium interessieren.
2.
Wir haben die Galerie 1993 gegründet und es gab immer wieder Krisen, die sich auf den Markt auswirkten, up’s and down’s….in der Regel ging es auch nach schlechten Phasen immer wieder bergauf. Wir sind optimistisch!
3.
Vor dem Hintergrund der allgegenwärtigen Bilderflut ist unser Eindruck, dass KünstlerInnen, die sich mit dem Medium der Fotografie auseinandersetzen, zurzeit auf großes Interesse stoßen. Auf der Paris Photo werden wir in diesem Jahr Werke der Künstlerinnen Lilly Lulay und Barbara Probst zeigen. Beide sind international sehr erfolgreich und eröffnen uns mit ihren Werken neue Perspektiven auf unsere Wahrnehmung von (Bild)-Realitäten. Beide Künstlerinnen beschäftigen sich eher damit, wie wir sehen und nicht damit, was wir sehen.
4.
Die höhere Umsatzsteuer für Fotografie widerspricht der zunehmenden Bedeutung der Fotografie in der bildenden Kunst. Sie müsste adäquat zur übrigen Kunst besteuert werden. Zudem ist es ein gravierender Wettbewerbsnachteil, dass die Umsatzsteuer für Fotografie in Deutschland immer noch bei 19% liegt und nicht wie z.B. in Frankreich bei 5,5%.

Foto: Clara Wenzel-Theiler
Birgit Maria Sturm, Geschäftsführerin Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler e.V.
1.
Künstlerische Fotografie spielt längst kein Nischen-Dasein mehr. Sie ist essentieller Bestandteil des Kunstmarktes und der zeitgenössischen Kunstproduktion. Die meisten Galerien haben mindestens einen Künstler in ihrem Programm, der im oder mit dem Medium der Fotografie arbeitet. Mitte dieses Jahres erschien eine Galerienstudie, aus der hervorgeht, dass Fotografie in der Gesamtheit der Kunstverkäufe sehr weit oben rangiert, unmittelbar nach Malerei und Skulptur.
2.
Die schwierige gesamtwirtschaftliche Situation, von der wir tagtäglich hören, schlägt auch auf den Kunstmarkt durch. Es ist nicht das erste Mal, dass die Galerienszene der Lage trotzt und sich verstärkt auf Inhalte und Kunstvermittlung konzentriert – also gestärkt aus einer Krise hervorgeht. In Deutschland gibt es eine ganze Reihe herausragender, im Medium der Fotografie arbeitender Künstler, die mit ihrer Fotografie ganz neue Akzente gesetzt haben. Sie haben mit ihrer Strahlkraft zur internationalen Anerkennung der deutschen Kunstlandschaft beigetragen, angefangen von August Sander, über Bernd und Hilla Becher nebst namensgleicher „Schule“, über Katharina Sieverding bis zu Wolfgang Tillmans. Fotografie ist in zahllosen Privat- und Unternehmenssammlungen präsent – flankiert von Institutionen, in denen sogar ausschließlich Ausstellungen mit Fotografie geboten werden, zum Beispiel in den Deichtorhallen Hamburg, C/O Berlin oder der SK-Stiftung in Köln.
3.
Künstlerische Fotografie umfasst ein breites Spektrum der Bildästhetik, sowohl formal als auch inhaltlich und technisch. Presse-, Mode-, Architektur-, Portrait-, Street-Art- oder Dokumentarfotografie, die ursprünglich nicht als künstlerische Fotografie intendiert war, spricht die Betrachter ebenso an wie „rein“ künstlerische Fotografie. Fotografie kann Bildwelten nicht nur abbilden, sondern auch neue schaffen und inszenieren. Ein gewisser „Marktvorteil“ von Fotografien ist, dass sich mehrere Abzüge herstellen lassen, die im Rahmen einer nummerierten und signierten Edition verkauft werden können. Eine Galerie kann also ganz anders kalkulieren als bei künstlerischen Unikaten. Dass eine Fotoarbeit im Verhältnis zu einem Gemälde womöglich günstiger zu kaufen ist, trägt sicher dazu bei, dass sich Fotografie vor allem bei jüngeren Sammlern hoher Beliebtheit erfreut.
4.
Der BVDG hat nach zehnjährigem Engagement die Wiedereinführung der ermäßigten Mehrwertsteuer für bildende Kunst errungen. Damit wurde der status quo ante wiederhergestellt. Bereits vor 2014 war Fotografie von der Begünstigung ausgenommen – und damit auch weitere künstlerische Techniken, wie etwa die Serigrafie. Zwei höchstrichterliche Urteile haben dies in Unkenntnis der kulturellen Bedeutung der Fotografie in den 90er Jahren bestätigt. Es ist überfällig, dass sich die Politik nun ernsthaft mit dem Thema befasst und die EU-rechtlichen Möglichkeiten ausschöpft. In Frankreich ist Fotografie schon seit Jahrzehnten steuerlich als Kunstform anerkannt. Demgegenüber ist Deutschland in einen Wettbewerbsnachteil versetzt – und zwar nicht nur der Handel, sondern auch die Urheber! Auch darf die grundrechtliche Freiheit der Kunst nicht länger beschränkt werden, insofern nur solche Künstler steuerbegünstigt werden, die in klassischen, „manuellen“ Medien arbeiten, also Malerei, Bildhauerei, Zeichnungen produzieren. Im 21. Jahrhundert ist es grundfalsch und widersinnig, ausgerechnet diejenigen Urheber von der Ermäßigung auszuschließen, die durch die Nutzung moderner Technologien wesentlich zur Weiterentwicklung der bildenden Kunst beitragen.

Foto: Markus Jans
Diandra Donecker, Geschäftsführerin und Partnerin Grisebach Auktionen, und Susanne Schmid, Expertin für Fotografie
1.
Für den Auktionsmarkt Fotografie können wir die Situation im Großen und Ganzen bestätigen. Sammler tendieren derzeit eher zur Verschlankung ihrer Sammlungen, als zu deren Erweiterung. Von daher ist das Angebot an interessanten und teilweise marktfrischen Fotos eigentlich gut. Gleichzeitig muss der Preis für ein Werk richtig attraktiv sein, damit auch die Käuferseite „zuschlägt“. Das passt leider nicht immer zusammen. Im Segment bis ca. 2.000 EUR geht noch einiges, danach wird es schwieriger. Wir erkennen leider auch auf der Käuferseite einen Wechsel in Generationen und Geschmack, ähnlich wie im Bereich der Klassischen Moderne. Dies führt zu einer weiteren Veränderung und Belastung.
2.
Wir sehen einen kleinen Hoffnungsschimmer und eine leichte Steigerung gegenüber 2024. Gerade durch eine stärkere Käuferschaft im Preisbereich bis EUR 5000 erhoffen wir uns hier zusätzliche Dynamiken.
3.
Originelle Motive und Buntfarbenes, zu denen die Menschen eventuell auch einen persönlichen Bezug aufbauen können, liegen ganz vorne. Daneben Klassiker und Ikonen – wenn der Preis stimmt.
4.
Schon seit Jahren ist dieser Steuersatz verheerend für den Fotomarkt. Aktuell lassen sich aus diesem Grund Einlieferungen aus Drittländern oder aus dem Handel kaum noch verkaufen.

Foto: Susi Knoll
Elka Jordanow, Inhaberin der Galerie Jordanow, München
1.
Ja.
2.
Zehn Monate in 2025 sind vorüber. Ein insgesamt schwieriges Jahr. Prognosen für 2026 sind nicht zu geben – niemand weiß, was es uns bringen wird.
3.
Höchste Qualität. Überzeitliche Themen. Kontinuierliche, langjährige Zusammenarbeit mit Künstlern, Kuratoren und Sammlern schafft Intensität, Qualität und vertrauensvolle Verbindungen und mindert die Gefahr von Beliebigkeit. Werke, die Bedeutung haben, in die Tiefe gehen und sich Schnelllebigkeit in Gesellschaft, Moden und Politik entziehen.
4.
Wir praktizieren es und sehen, dass es für die Kaufentscheidungen eigentlich keine Rolle spielt. Ist ein Interessent zum Kauf entschlossen, ist der VK-Preis wichtig und der muss stimmen. Die 19 % gehen dann eher zu Lasten von Künstler und Galerie.

Foto: André Simonow
Simon Melchers, Inhaber der ARTCO Gallery, Berlin
1.
Die Entwicklungen am Kunstmarkt machen auch vor der Fotografie nicht halt. Zwar sind die Gesamtumsätze rückläufig, jedoch ziehen sich insbesondere Interessent*innen im niedrigpreisigen Segment zurück. Die Fotografie bietet hier dank der Verfügbarkeit von Editionen eine attraktive Anlaufstelle für junge Sammler*innen. Editionen geben Sicherheit: In Zeiten, in denen die Preise einzelner Werke stärker hinterfragt werden, ermöglichen sie eine nachvollziehbare Preisbildung. Mehrere Käufer*innen bestätigen den Wert einer Edition, was jungen Sammler*innen Orientierung und Vertrauen gibt.
2.
Die Fotografie isoliert vom restlichen Kunstmarkt zu betrachten, erscheint mir nicht sinnvoll. Es hat Jahre gedauert, bis sich Fotografie als gleichwertiges Medium am Kunstmarkt etabliert hat und auf Augenhöhe mit Malerei und Skulptur in Galerien vertreten wird. Eine andere Erwartungshaltung würde dieser Gleichberechtigung widersprechen. Deshalb bin ich für dieses Jahr eher vorsichtig und etwas pessimistisch in meiner Prognose.
3.
Da ich überwiegend Dokumentarfotograf*innen vertrete, beziehe ich mich auf diesen Bereich. In diesem Jahr hat sich die Präferenz unserer Kunden etwas in eine ruhigere Richtung verschoben. Themen wie Krieg und Ungerechtigkeit sind heutzutage allgegenwärtig in den Medien, sodass viele Kund*innen aktuell eher Motive bevorzugen, die Hoffnung vermitteln und positive Perspektiven zeigen, statt zu konfrontieren.
4.
Dass Fotografie von der Senkung der Mehrwertsteuer ausgeschlossen wurde, ist für mich schwer nachvollziehbar. Als Galerie, die sowohl Fotografie als auch andere Medien vertreibt, entsteht dadurch ein klarer finanzieller Nachteil für dieses Medium.

Foto: Laurence Mary
Simone Klein, selbständige Gutachterin für Fotografie und Art Advisor, Köln und Paris
1.
Die Fotografie als Nischenmarkt innerhalb der Kunst des 19., 20. und 21. Jahrhunderts hat ihre eigenen Kunstmarkt-Regeln. Nur ein Teil des Fotografie-Marktes, nämlich die zeitgenössische Fotografie seit den späten 1990er Jahren, kann dem spekulativen Markt für zeitgenössische Kunst zugeordnet werden und unterliegt damit potenziellen Schwankungen. Insgesamt hat sich der Fotografie-Markt seit einigen Jahren dahingehend entwickelt, dass internationale „große Namen“ und „ikonische Werke“ ihren Preisstandard gehalten haben oder im Wert gestiegen sind und auch immer wieder Höchstpreise erzielen. Der sogenannte Mittelmarkt war eine Zeit lang zuerst aufgrund eines Überangebots und anschließend mangels eines hochwertigen Angebots weniger präsent. Das scheint sich nun langsam zu ändern, da das Interesse an „Vintage“ wieder steigt und vermehrt Sammlungen mit spannendem Material auf den Markt kommen, was auch neue Sammler*innen anlocken sollte.
2.
Das hängt vom Angebot, von der professionellen Vermittlung und natürlich auch von der Kauflust ab. Grundsätzlich finde ich es großartig, dass es so viele fantastische Fotografie-Ausstellungen auf musealer Ebene gibt, dass sich die Galerien sehr ernsthaft mit dem Werk von Künstlerinnen und Künstlern oder deren Nachlässen beschäftigen und sie für den Kunstmarkt aufbereiten, und dass auch die lokalen Auktionshäuser in Europa, jetzt, wo Sotheby’s und Christie’s keine regelmäßigen Foto-Auktionen mehr in Europa organisieren, hochwertiges und spannendes internationales Material anbieten. Die Basis für das Verständnis für Fotografie als Kunst und als nachhaltiges Sammelgebiet ist also da. Ich sehe voraus, dass die Fotografie als Sammelgebiet in den nächsten Jahren insgesamt einen Aufschwung erleben wird.
3.
Das würde ich auch abhängig machen von den Ergebnissen der europäischen Foto-Auktionen zum Jahresende. Die Oktober-Auktionen in New York der großen Häuser haben ja wirklich gute Ergebnisse eingefahren – allerdings reflektierte das angebotene Material den amerikanischen Markt. Ich würde sagen, dass Faktoren – außer der Attraktivität des Motivs und der Bedeutung der Künstlerin oder des Künstlers – wie die Provenienz und die Seltenheit (also Vintage oder kleine Auflage) sowie die mit dem Motiv oder der Serie verbundene Story immer wichtiger werden. Transparenz, Recherche und Wissenschaftlichkeit sind neben der Verfügbarkeit und der Kauflust die Basis des Marktes.
4.
Der hohe Mehrwertsteuersatz ist unbedingt ein Nachteil, nicht nur gegenüber der bildenden Kunst, sondern auch im europäischen Umfeld. Dasselbe betrifft ja auch Prints und Multiples. Es wäre schön, wenn die mittlerweile jahrzehntelangen Bemühungen zur Senkung der Mehrwertsteuer für Foto-Kunst endlich einmal fruchten würden.

Foto: Christoph Schieder
Christian Reister, Fotograf und Selbstvermarkter
1.
Ich arbeite in der Regel am etablierten Kunst- und Galeriemarkt vorbei und kann daher nur für meine eigene Nische sprechen: Ich habe für meine Fotografie keine feste Galerievertretung, Menschen kaufen meist direkt bei mir, und ich veröffentliche auch meine Siebdruck-Editionen und Bücher in der Regel unabhängig und vertreibe diese selbst. Ich habe mehrere Vertriebswege; sie reichen vom Schaufenster meines Studios über Galerien, Shops, Ausstellungen, Fotofestivals, Open-Studio-Events, Website, Instagram etc. Ich sehe keinen Rückgang meiner Verkäufe – im Gegenteil.
2.
Ich stelle seit circa 20 Jahren aus. Ich veröffentliche seit circa 15 Jahren Fotobücher. Während sich in den ersten Jahren kaum ein Bild verkauft hat, hat das mit den Jahren langsam aber stetig zugenommen. Ich glaube, das liegt mit daran, dass ich eben schon so und so lange dabei bin und Menschen meinen Arbeiten in verschiedenen Kontexten immer wieder begegnen. Manche verfolgen lange meine Aktivitäten und entscheiden irgendwann, dass sie auch gerne etwas für ihre Wand haben möchten. Es gibt die klassischen Fine-Art-Fotoprints, die eher hochpreisig sind, und es gibt die Siebdruck- oder Riso-Editionen, die ein ganz anderes Publikum ansprechen, weil sie deutlich günstiger sind, dort gibt es auch viele Spontankäufe. Ich gehe davon aus, dass diese Mehrgleisigkeit auch in den kommenden Jahren funktioniert. Und wenn nicht, werden neue Gleise gelegt.
3.
Auch hier kann ich nur aus meiner Nische sprechen: Bei mir verkaufen sich meist die Bilder am besten, die eine gewisse Atmosphäre, Stimmung, Emotion transportieren. Es hilft sehr, wenn zusätzlich ein ganz klarer Kontext erkennbar ist. In meinem Fall ist das oft die Stadt, in der das Bild entstanden ist – in der Regel also Berlin. Wenn das wenigstens im Titel steht, hilft das. Ich stelle auch immer wieder fest, dass manche Käuferinnen und Käufer die Bilder schon seit Jahren kennen – sie kaufen also Motive, die ihnen in gewisser Weise schon sehr vertraut sind.
4.
Meine Direktkunden und Händler interessiert, ob es ein plausibler Brutto-Preis ist und dass die Rechnungsstellung korrekt ist. Und das sollte ja Ehrensache sein. Welche Steuersätze andere Kunst hat, tangiert mich nicht, ich bin da nicht neidisch. Vernünftig fände ich 19 % auf alle Kunst, inkl. Fotografie, und 7 % auf Bücher und Hafermilch. Aber det war nu nich die Frage, oder?

Foto: Amélie Losier
Heide Springer, Mitinhaberin der Galerie Springer Berlin
1.
Die Abkühlung des Kunstmarktes ist bei der Fotografie gleichermaßen spürbar. Die Sammler agieren sehr viel vorsichtiger und die Nachfrage ist deutlich gesunken. Es erfordert erheblich mehr Aufwand und persönliche Beratung, Kunstwerke an Sammler und Sammlerinnen zu vermitteln, als dies vor einigen Jahren noch der Fall war. Besonders schwierig erscheint nach wie vor der Berliner Markt. Für uns als Galerie ist es daher essenziell, uns auf Kunstmessen außerhalb von Berlin zu präsentieren.
2.
Aufgrund verschiedener Messeteilnahmen und einer bisher gelungenen Auswahl bei diesen Präsentationen hoffen wir, das Niveau der letzten Jahre halten zu können. Unsere Prognose für den gesamten Markt für Fotografie in Deutschland ist jedoch sehr verhalten. Dies hängt jedoch von sehr vielen Faktoren ab. Die Wirtschaftsaussichten und das politische Umfeld bieten derzeit jedoch wenig Raum für Optimismus.
3.
Wir verkaufen zurzeit in erster Linie Fotografien von etablierten und bekannten Fotografinnen und Fotografen. Dies hängt mit dem vorsichtigen und überlegten Handeln der Sammler zusammen. Spontane Käufe aus einer Laune heraus finden so gut wie nicht mehr statt. Künstler:innen, die keinen hohen Bekanntheitsgrad haben, tun sich deutlich schwerer. Außerdem hat sich die Auswahl der Kunstwerke, die wir verkaufen, aufgrund des politischen und wirtschaftlichen Umfelds verändert. Farbfotografien lassen sich leichter verkaufen als Schwarz-Weiß-Fotografien. Motive, die Freude, Leichtigkeit und Unbeschwertheit ausdrücken, scheinen leichter verkäuflich zu sein als Motive, die sich mit den gravierenden Problemen und Sorgen der Menschheit beschäftigen.
4.
Die Tatsache, dass Fotografie mit 19 % Umsatzsteuer belastet wird, ist ein großes Problem und völlig widersinnig sowie kontraproduktiv. Es muss von allen Beteiligten alles getan werden, um dies zu korrigieren.

Foto: Hannah Wolf Kopie
Radek Krolczyk, Autor und Inhaber der Galerie k-strich, Bremen
1./2.
Fotografie ist meist niedrigpreisiger als Malerei, leichter zu lagern und wegen ihrer Auflage anders zu sammeln. Außerdem ist die Affinität der Fotografie zur Jetztzeit und zur äußeren Wirklichkeit größer, als bei den meisten anderen Medien. Möglicherweise deswegen erlebe ich gerade unter meinen Sammlerinnen und Sammlern eine Hinwendung zur Fotografie. Zusätzlich ist auch bei den sammelnden Instituten ein vermehrtes Interesse an Fotografie zu beobachten. Diese Tendenz wird sich parallel zur dynamischen und unsicheren Lage der Welt weiter fortsetzen.
3.
Das Kaufinteresse betrifft entsprechend Fotografien, die vergangene Dynamik und Unsicherheiten ikonisch erfasst haben. Ich denke, das wirkt absurderweise auf die Leute beruhigend. In meinem Programm wäre Miron Zownir für diese Tendenz beispielhaft. So erfasste er in den 80er Jahren die ganze Spannung auf den nächtlichen Straßen New Yorks: Sie zeigen Prostituierte, Junkies und Punks. Der anfängliche Schock beim Sehen eines jungen Mannes, der sich die Nadel einer Spritze in den abgebundenen Unterarm sticht, bleibt eine Weile und wird dann von der Erkenntnis abgelöst, dass aller Schreck historisch werden kann. Andererseits trifft das Interesse auch eine künstlerische Fotografie, die mit aktuellen ästhetischen Mitteln unsere Gegenwart transzendiert, sie also hinterfragt und verhandelbar macht. Dafür wäre in meinem Programm Eiko Grimberg zu nennen. Dieser hat eine Replik einer Replik des antiken, griechischen Diskuswerfers fotografiert, die in einer französischen Plattenbausiedlung steht, die wie die Polis aussieht. Der postmoderne Architekt Ricardo Bofill hat sie gebaut. Der Diskuswerfer macht mehr einen beschädigten, als einen überlegenen Eindruck: Sein Mund ist angeschlagen, sein Gesicht weist deutliche Spuren eines zeitgenössischen, ökologischen Leidens auf – dem sauren Regen.
4.
Die unterschiedliche Besteuerung von sogenannten Originalen und reproduktiven Kunstformen ist schwer nachzuvollziehen. Ein Holzschnitt beispielsweise wird mit 7 % besteuert, ein fotografischer Handabzug mit 19%. Man kann von einer steuerlichen Ungleichbehandlung der Künste sprechen.










