Der Rechtsstreit zwischen dem Fotografen Robert Kneschke und dem Datenbankbetreiber LAION sorgt für Signalwirkung: Ein Urteil des OLG Hamburg bestätigt, dass Fotografien unter bestimmten Umständen für die Erstellung von KI-Trainingsdatensätzen genutzt werden dürfen.
Das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 10. Dezember 2025 hat bestätigt, wie weitreichend die gesetzlichen Ausnahmen für Text und Data Mining mittlerweile wirken. In dem Verfahren, das der Fotograf Robert Kneschke angestrengt hatte, bestätigte das OLG die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Hamburg und wies die Berufung zurück. Vertreten wurde Kneschke von Rechtsanwalt Sebastian Deubelli, der sich seit Jahren mit urheberrechtlichen Fragen der Fotobranche beschäftigt.
Auslöser war die Nutzung einer Fotografie Kneschkes durch den als gemeinnützig anerkannten Verein LAION, der einen öffentlich zugänglichen Datensatz mit Bild-Text-Paaren für das Training generativer KI-Systeme erstellt. Das Foto war regulär bei einer Bildagentur erhältlich; der Verein hatte es jedoch automatisiert aus dem Internet abgerufen, um es mit seiner Bildbeschreibung abzugleichen und anschließend als Trainingsmaterial zu verwenden.
Kneschke sah darin eine unzulässige Vervielfältigung seines Werkes und verlangte Unterlassung. Bereits das Landgericht Hamburg hatte jedoch entschieden, dass die Nutzung durch gesetzlich erlaubte Schranken gedeckt sei.
Auch das Oberlandesgericht Hamburg folgte dieser Argumentation. Die Richter sahen in der Kopie des Bildes einen Anwendungsfall der Schrankenregelung für Text und Data Mining nach § 44b UrhG. Diese Norm erlaubt es, digitale Werke automatisiert auszuwerten, um Muster oder Zusammenhänge zu erkennen – ein elementarer Vorgang bei der Erstellung moderner KI-Datensätze.
Zwar hatte die Bildagentur, über die Kneschke seine Werke verwaltet, einen Nutzungsvorbehalt formuliert. Laut Gericht wäre dieser jedoch nur dann wirksam gewesen, wenn er in einer maschinenlesbaren Form implementiert worden wäre. Genau das sei nicht der Fall gewesen.
Die Erstellung des Datensatzes qualifizierte das OLG als Tätigkeit im Rahmen wissenschaftlicher Forschung gemäß § 60d UrhG. Auch wenn der Datensatz später unter Umständen von kommerziellen Unternehmen ausgewertet werden könne, ändere das nichts daran, dass der Verein eigenständig, unabhängig und nicht weisungsgebunden gearbeitet habe.
Somit fehlte es aus Sicht des Gerichts an einer Grundlage für einen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch.
Der Fall Kneschke zeigt exemplarisch, wie komplex die Schnittstelle zwischen Urheberrecht und KI-Training geworden ist. Das Urteil signalisiert deutlich, dass Fotografien – sofern keine technisch wirksame Sperre umgesetzt wurde – unter bestimmten Umständen legal für KI-Trainingsprozesse kopiert werden dürfen.
Für professionelle Bildschaffende bedeutet das: Die herkömmlichen Lizenzstrukturen sind im Bereich des automatisierten Lernens nur eingeschränkt wirksam. Zugleich betont das Urteil aber auch, dass Rechteinhaber durchaus Möglichkeiten hätten, Data-Mining-Ausschlüsse zu setzen – wenn diese technisch korrekt hinterlegt werden.
Die Sache ist allerdings noch nicht abgeschlossen. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, sodass der Fall eine weitere Runde drehen wird. Die anstehende höchstrichterliche Bewertung könnte wegweisend dafür werden, wie Fotografien in Zukunft im Kontext der KI-Entwicklung genutzt werden dürfen – und welche Anforderungen an Data-Mining-Sperren tatsächlich zu stellen sind.
Abb. oben: LAION gemeinnütziger e.V.













