Die Deichtorhallen Hamburg und die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS planen ab 2028 ein neues Zentrum für Bild- und Medienkompetenz im Haus der Photographie. Ziel ist es, in einer zunehmend bilddominierten Gesellschaft die Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit visuellen Medien zu fördern – über klassische Fotografie hinaus, auch im Kontext von KI, Deepfakes und algorithmischer Bilderzeugung.
Das geplante Zentrum soll als Plattform für Ausstellungen, Workshops, Vorträge und Bildungsprogramme fungieren. Dabei richtet es sich nicht nur an Fachleute, sondern explizit auch an Jugendliche, Senioren und andere gesellschaftliche Gruppen, die mit digitaler Bildproduktion in Berührung kommen, jedoch oft ohne fundierte Kenntnisse im Umgang mit ihrer Funktionsweise oder Wirkung.
Begleitet wird die physische Einrichtung durch ein digitales Angebot unter dem Titel „Photography Expanded“, das Online-Ressourcen, Archivmaterial und diskursive Formate bündeln soll. „Wir wollen einen Raum schaffen, der kritische Medienkompetenz praktisch erfahrbar macht – jenseits musealer Distanz“, so Kuratorin Nadine Isabelle Henrich, die seit 2023 das Haus der Photographie leitet und die Konzeption verantwortet.
Das Zentrum versteht sich nicht als rein didaktische Einrichtung, sondern als Schnittstelle zwischen künstlerischer Praxis, medientheoretischer Forschung und gesellschaftlicher Vermittlung. Auf dem Programm stehen u. a. Glossare zur zeitgenössischen Bildsprache, Fallstudien zu Bildstrategien im digitalen Raum sowie Veranstaltungsreihen mit internationalen Gästen aus Fotografie, Kulturwissenschaft und Technologie.
Mit diesem Ansatz soll nicht nur die klassische Idee von Fotografie als Bilddokument hinterfragt werden, sondern auch deren Relevanz in einem Zeitalter fluider, häufig KI-generierter Bildwelten.
In der deutschen Museumslandschaft ist das Vorhaben in dieser Form bislang einzigartig. Der Aufbau des Zentrums erfolgt in enger Kooperation mit der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS, die sich in den vergangenen Jahren mehrfach im Bereich digitaler Medienbildung engagiert hat. Vorstand Prof. Manuel J. Hartung betont den gesellschaftspolitischen Anspruch: „Bildkompetenz ist eine Schlüsselressource der Gegenwart – sie entscheidet mit darüber, wie wir Wirklichkeit wahrnehmen, deuten und verhandeln.“
Geplant ist ein langfristiger Betrieb mit starker lokaler Verankerung. Kooperationen mit Hamburger Schulen, Hochschulen und Kulturinstitutionen sind integraler Bestandteil des Konzepts.
Die Deichtorhallen Hamburg, insbesondere das Haus der Photographie, haben in den letzten Jahren ihre inhaltliche Ausrichtung zunehmend erweitert – hin zu Fragestellungen rund um digitale Bildkulturen, Diskursformate und interdisziplinäre Zugänge. Die Einrichtung des Zentrums versteht sich als logische Fortsetzung dieser Entwicklung. So markiert das geplante Zentrum für Bild- und Medienkompetenz einen Schritt in Richtung systematisierter Medienbildung im musealen Kontext. Es bleibt abzuwarten, inwieweit es gelingt, die verschiedenen Zielgruppen gleichermaßen anzusprechen – und welche Impulse daraus für die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Bildproduktion hervorgehen.
Foto oben: Jewgeni-Roppel











