Das Museum Folkwang in Essen erhält den Vorlass des international renommierten Fotografen Timm Rautert. Damit wird eines der facettenreichsten fotografischen Lebenswerke Deutschlands dauerhaft bewahrt und wissenschaftlich erschlossen.
Der 1941 in Westpreußen (heute Tuchola, Polen) geborene Rautert gilt als prägende Figur der deutschen Fotografie. Als Schüler von Otto Steinert verband er dokumentarische Genauigkeit mit konzeptueller Strenge und entwickelte eine eigene, analytische Bildsprache. Sein Werk reicht von frühen experimentellen Ansätzen bis zu zeitgenössischen Reflexionen über das Medium selbst.

Timm Rautert, The Estate of Al Capone, Sonny Capone‘s Snub-Nosed Revolver, 2022
Das Archiv umfasst rund 9.000 Prints, über 50.000 Dias, Raum- und Videoinstallationen, 6.500 Kontaktabzüge, Negative, Korrespondenzen, Arbeitsmaterialien und Ausstellungsdokumentationen. Der Bestand deckt Rauterts gesamtes Schaffen ab – von den frühen Studienjahren über Reportagen für das ZEITmagazin in den 1970er Jahren bis zu späteren Serien wie Gehäuse des Unsichtbaren (1992) oder L’Ultimo Programma (2015).
Bekannte Werkgruppen und Kooperationen – darunter Die Hutterer (1978, mit Michael Holzach), das Buchprojekt Das Berliner Philharmonische Orchester (1987, mit Otl Aicher) sowie Porträts von Pina Bausch, Gerhard Richter, Walter de Maria und Andy Warhol – zeigen die Spannweite seines Schaffens zwischen dokumentarischer Beobachtung und künstlerischer Inszenierung.
Direktor Peter Gorschlüter betont die Bedeutung des Zuwachses: „Mit dem Werkarchiv von Timm Rautert können wir nicht nur ein bedeutendes fotografisches Œuvre bewahren, sondern auch seine Rolle als Lehrer und Impulsgeber für nachfolgende Generationen sichtbar machen.“
Von 1993 bis 2008 lehrte Rautert an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, wo viele seiner Schüler – darunter Tobias Zielony, Riccarda Roggan, Jana Müller und Adrian Sauer – heute selbst als Professoren tätig sind. Zahlreiche von ihnen sind mit Arbeiten in der Fotografischen Sammlung des Museum Folkwang vertreten.
Mit der Übernahme des Rautert-Archivs setzt das Museum Folkwang seine Strategie fort, bedeutende fotografische Vor- und Nachlässe zu sichern. Nach der Integration des Archivs Michael Schmidt im Jahr 2024 reiht sich nun auch Rauterts Werk in die Reihe der Bestände von Germaine Krull, Otto Steinert, Helmar Lerski und anderen wichtigen Vertretern der Fotogeschichte ein.
Ermöglicht wurde die Übergabe durch den Folkwang-Museumsverein e. V., der den Vorlass übernahm und in das gemeinsame Eigentum von Stadt Essen und Museumsverein einbrachte.
Im Rahmen des Symposiums „What Will Photography Be? An Invitation to Speculate“, das das Zentrum für Fotografie Essen vom 3. bis 5. Februar 2026 veranstaltet, wird das Archiv erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.
Foto oben: Timm Rautert (Foto: Miguel Lorenzo 2023)










