Arles

Rencontres 2016

24. August 2016 

Die Rencontres International de la Photographie im südfranzösichen Arles sind als „Mutter aller Fotofestivals“ seit Jahrzehnten fester Bestandteil im Terminkalender der internationalen Fotocommunity.

 

Bei der zweiten Auflage unter seiner Verantwortung als Kurator setzt Sam Stourdze in diesem Jahr den Wandlungsprozess der Rencontres fort, indem er den Blick vor allem auf die post-digitalen Veränderungsprozesse wirft, denen das Medium Fotografie ausgesetzt ist.
Dessen glorreiche Vergangenheit beschwört Storudze eher am Rande mit Ausstellungen großer
Klassiker wie Don McCullin, Sid Grosman und Peter Mitchell herauf. Der Schwerpunkt der Ausstellungen liegt klar in der Infragestellung alt-vertrauter Bildsprachen.
Dabei betont Sam Stourdze die Möglichkeiten, sich fotografischer Bilder zu bedienen – sei es durch Bildmanipulation, Collagen oder aber ihre thematische Zusammenstellung – und hinterlässt damit bei manchem Besucher den Verdacht, seine kuratorische Leistung überzubetonen.
Ein Beispiel, bei dem die thematische Zusammenstellung verschiedener künstlerischer Positionen als gelungen gelten darf, ist allerdings die Ausstellung „Nothing but blue skies“ zu den Terroranschlägen an 9/11, die die Wirkung der Anschläge heraufbeschwört. Die Fotografie im klassischen Sinne bleibt dabei allerdings auf der Strecke – sei es bei den von Hans Peter Feldmann zusammengestellten Zeitungstiteln mit Schlagzeilen wie „World under attack“, bei Mounir Armis schwarzer Skulptur der Skyline Manhattans aus VHS Kassetten, oder angesichts einer Kammer voller Monitore mit Nachrichtensendungen zum Thema. Selbst ein (wenn auch foto-realistisch wirkender) Print des Malers Gerhard Richter kann im Rahmen der Ausstellung nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Kurator offenbar wenig Glauben an die Kraft der Fotografie aufbringt.
Und selbst dann, wenn wie beim Themenschwerpunkt Street Photography kein Weg am fotografierten Bild vorbeiführt, greift der Ausstellungsmacher tief in die Trickkiste der Inszenierung, wie bei der Ausstellung des irischen Fotografen Eamonn Doyle, dessen dichte und nahe Arbeiten vom Alltagsleben in Dublin mit Sounduntermalung und dramatischer Beleuchtung kuratorisch aufgepimpt wurden. Teilweise riesengroß, teilweise eingefasst von Nischen in den Ausstellungswänden, eröffenet die Präsentation immer neue Perspektiven auf das Geschehen und lässt den Besucher eintauchen.
Abgesehen von Reportagefotos von Ethan Levitas in der Gegenüberstellung zu Arbeiten des Klassikers Garry Winogrand dominiert in Arles in diesem Jahr die Auseinandersetzung mit dem Filmgenre. Scary Monsters etwa thematisiert den Einfluss von Riesen, Zyklopen, Vampiren, Zombies und anderen Kreaturen auf die Filmgeschichte. Was die insgesamt recht kitschige Präsentation mit Fotografie zu tun hat, bleibt dem Betrachter ebenso überlassen, wie bei manch anderer Ausstellung in den Hallen des ehemaligen Bahndepots.
Mit dem Discovery Award ausgezeichnet wurde in diesem Jahr die in Kenia lebende Fotografin Sarah Waiswa, die in ihrem Projekt „Stranger in a Familiar Land“ Einblick in die Lebenswelt von Albinos südlich der Sahara gibt. Dabei zeigt sie allerdings nur eine einzige Protagonistin stellvertretend für andere und gibt so ein interessantes Beispiel für alternative Dokumentarfotografie, freilich nicht ohne dabei die Grenzen zur Inszenierung zu strapazieren.
Die insgesamt über 30 Ausstellungen im Rahmen der Rencontres de la Photographie sind noch bis zum 25. September in Arles zu sehen.

Dieser Artikel wurde in ProfiFoto 9/16 veröffentlicht.

 






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