Wie können Fotografen ihre Fotoausstellungen für Besucher attraktiver gestalten? Antworten gibt eine aktuelle Untersuchung von Dr. Joachim Feigl vom Institut für Fotopsychologie, die das Verhalten und die Vorlieben von Besuchern beleuchtet. ProfiFoto bringt eine Zusammenfassung.
Fotografie-Ausstellungen spielen eine wesentliche Rolle für die Fotografie als Kunstform. Indem sie Werke in einem bestimmten Kontext präsentieren und inszenieren, beeinflussen sie maßgeblich, wie Bilder wahrgenommen und interpretiert werden. Durch gezielte Themenwahl, räumliche Anordnung und begleitende Informationen kann eine Ausstellung nicht nur die ästhetische Wirkung der Fotografien verstärken, sondern auch ihre konzeptionelle Tiefe vermitteln.

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Historisch betrachtet spiegeln Fotografie-Ausstellungen den Wandel des Mediums von einer rein technischen Errungenschaft hin zu einem anerkannten künstlerischen Ausdrucksmittel. Bereits kurz nach der Erfindung der Fotografie im Jahr 1839 wurden erste Präsentationen organisiert, die vor allem die Detailgenauigkeit und Präzision des neuen Mediums vorführten. Später gewannen künstlerische Aspekte immer mehr an Bedeutung.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts etablierten sich bedeutende Museen und Institutionen, die Fotografie als eigenständige Kunstgattung präsentierten. Dadurch rückten nicht nur die Werke selbst in den Fokus, sondern auch neue narrative und konzeptuelle Perspektiven auf das Medium. Dieser Trend setzte sich bis in die Gegenwart fort, wo Technologien wie Virtual Reality und Online-Galerien den Ausstellungsbegriff erweitern und neue Formen der Interaktion ermöglichen.
Befragt wurden zu dem Thema sowohl Profis, als auch Amateure sowie Menschen, die keine direkte Verbindung zur Fotografie haben.

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Warum Ausstellungen?
Die Motivation, Fotografie-Ausstellungen zu besuchen, ist ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Einerseits suchen viele Besucher ästhetische Erfahrungen und emotionale Inspiration. Bilder können spontane Reaktionen wie Begeisterung oder Betroffenheit hervorrufen, die das Publikum intensiver mit dem Gezeigten verbinden. Andererseits spielen kognitive Aspekte eine Rolle: Wer sich für kulturelle oder gesellschaftliche Themen interessiert, findet in Ausstellungen oft Denkanstöße und Reflexionsmöglichkeiten.
Die Häufigkeit der Ausstellungsbesuche variiert nach Status und Interesse: Profis sind sehr aktiv und schauen sich bevorzugt Ausstellungen mit professionellen Fotografien (z. B. renommierte Künstler) an. Amateure besuchen neben Profi-Ausstellungen gerne auch Veranstaltungen mit Amateurfotografie – insbesondere, wenn sie selbst in einem Fotoclub aktiv sind.
Gelegentliche Genussbesucher lassen sich gerne inspirieren, legen Wert auf eine unterhaltsame Atmosphäre und ein entspanntes Erleben. Reflektierte Vielbesucher haben dagegen eine sehr hohe Besuchsfrequenz, fundiertes Wissen und suchen die kritische Auseinandersetzung mit den Werken. Sie nehmen sich viel Zeit, um Fotos intensiv zu betrachten.
Anspruchsvolle Profibetrachter finden sich hauptsächlich unter den Profifotografen, die sich auf professionelle und thematisch passende Ausstellungen konzentrieren. Sie suchen weniger den Unterhaltungswert als vielmehr die fachliche Tiefe.

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Erwartungen
Soziale Interaktionen sind ein weiterer wichtiger Punkt. Ausstellungsbesuche bieten die Gelegenheit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und gemeinsame Erlebnisse zu teilen. Für manche dient die Teilnahme auch dazu, ein bestimmtes Selbstbild zu pflegen, beispielsweise als kunstaffin oder kreativ.
Sowohl Profis als auch Amateure wünschen sich Ausstellungen, die sie berühren oder ihnen neue künstlerische Ideen liefern. Viele möchten mehr über die Geschichten hinter den Bildern erfahren – das steigert die Faszination und die Erinnerung an bestimmte Werke. Nur ein Teil des Publikums erwartet außerdem gesellschaftlich relevante Inhalte oder eine klare Botschaft.
Allerdings unterscheiden Besucher sich stark in ihren Interessen. Manche fokussieren sich eher auf technische Perfektion und Komposition, andere legen mehr Wert auf inhaltliche Tiefe und gesellschaftliche Relevanz. Während Profifotografen häufig Dokumentarfotografie, Porträts und konzeptuelle Ansätze bevorzugen, interessieren sich Amateure stärker für Natur- und Landschaftsfotografie, Streetfotografie sowie Porträts. Generierte KI-Bilder stoßen übrigens bei allen Teilnehmergruppen der Befragung eher auf Zurückhaltung.
Die Präsentation selbst trägt wesentlich zur Rezeption bei. Fragen wie „Werden die Fotos gerahmt oder rahmenlos gezeigt?“ oder „Welche Beleuchtung und welchen thematischen Aufbau wählt die Kuratorin oder der Kurator?“ beeinflussen, wie die Werke wahrgenommen werden. Eine durchdachte Hängung kann das Verständnis für die Intentionen der Fotografen erleichtern, während interaktive Elemente oder moderne Display-Techniken (z. B. Projektionen, digitale Installationen) das Interesse steigern und neue Zielgruppen ansprechen.
Vernissagen und Finissagen besuchen Profis deutlich häufiger als Amateure. Beschreibungstexte und Erläuterungen liest die Mehrheit durchaus gerne, sofern sie nicht zu kompliziert sind. Besonders Amateure kommentieren Ausstellungen gerne online in Sozialen Medien und schätzen Führungen, um so ein tieferes Verständnis zu erlangen, während Profis den fachlichen Austausch schätzen.

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Strategien
Führungen sind in vielen Ausstellungen ein beliebtes Angebot. Sie geben vertiefte Einblicke in Hintergründe und Techniken der gezeigten Arbeiten und regen zur Diskussion an. Für Profis können sie fachliche Aspekte beleuchten, während Amateure von konkreten Erläuterungen zu Themen und Entstehungsprozessen profitieren. Auch hier sind verschiedene Formate möglich: vom klassischen Gruppenrundgang über Audioguides bis hin zu interaktiven App-Lösungen.
Viele Besucher schätzen Führungen, um sich Werke besser zu merken und ihre emotionale Bindung zu intensivieren. Andere möchten lieber frei durch die Ausstellung schlendern, ohne sich von fremden Interpretationen leiten zu lassen. Entscheidend ist eine flexible Vermittlung, die den unterschiedlichen Erwartungen gerecht wird.
Eigene Ausstellungen
Auch Fotografen selbst haben vielfältige Motive, ihre Arbeiten zu präsentieren. Profis nutzen Ausstellungen häufig als Plattform für Netzwerke, Verkauf oder Auftragsakquise. Sie möchten Emotionen beim Publikum auslösen und ihre künstlerische Handschrift etablieren. Amateure hingegen sehen Ausstellungen oft als Chance, ihr kreatives Potenzial zu zeigen und Anerkennung in ihrer Community zu erhalten. An Ausstellungen beteiligen sich 84,2 % der Profis und 54,6 % der Amateure. Während Profis Ausstellungen als Gelegenheit sehen, Emotionen beim Publikum zu wecken, aber auch als strategische Plattform für Verkauf, Auftragsakquise und mediale Sichtbarkeit, wollen Amateure vor allem ihr kreatives Potenzial zeigen und Anerkennung in ihrer (oft amateurfotografischen) Community gewinnen.
Fazit
Fotografie-Ausstellungen sind weit mehr als Schauplätze für Bilder. Sie bringen Kunst, Technik und Gesellschaft zusammen und ermöglichen ein tiefgehendes Erlebnis für die Besucher. Kuratorische Entscheidungen – von der Themenwahl über die Raumgestaltung bis hin zu Führungen und digitalen Erweiterungen – können die Wahrnehmung, Erinnerung und Interpretation der Werke maßgeblich formen. Gleichzeitig spiegeln Ausstellungen den Status der Fotografie als Kunstform und fördern den kulturellen Austausch. Wer eine Ausstellung konzipiert oder besucht, bewegt sich in einem Spannungsfeld aus ästhetischem Genuss, emotionaler Ansprache und inhaltlicher Reflexion – und genau darin liegt die Faszination der Fotografie.
Für einen Ausstellungskatalog würden die Teilnehmenden durchschnittlich 39 Euro bezahlen, wobei Profis etwas kauffreudiger sind, da sie Kataloge teilweise auch als Referenzmaterial oder Sammlerstück sehen. Bei Amateuren entscheidet oft die Attraktivität der gezeigten Arbeiten, ob sie einen Katalog erwerben.
Insgesamt bestätigt sich: Fotografie-Ausstellungen sind für viele ein inspirierendes Erlebnis, wenn sie persönliche Interessen, emotionale Ansprache und fachliche Tiefe miteinander verbinden. Es sind überwiegend Profis, die gezielt Netzwerke, Verkäufe und öffentliche Präsenz mit Ausstellungen anstreben. Als Besucher legen sie Wert auf inhaltliche Tiefe und kritische Auseinandersetzung. Amateure suchen dagegen in erster Linie künstlerische Inspiration, Unterhaltung und eine gewisse Entspannung.
Der vollständige Bericht findet sich hier:










