Vom 17. Mai bis zum 12. Oktober 2025 widmet sich das Fotomuseum Winterthur in der Ausstellung The Lure of the Image – Wie Bilder im Netz verlocken der Frage, wie Bilder im digitalen Raum unsere Wahrnehmung, unser Verhalten und unsere Gefühle beeinflussen.
Vierzehn künstlerische Positionen untersuchen die Mechanismen visueller Verführung im Internet und werfen ein Licht auf die Rolle, die Bilder in sozialen, politischen und kulturellen Kontexten spielen.
Die ausgestellten Arbeiten beschäftigen sich mit der Wirkung von Bildern in sozialen Medien, auf Dating-Plattformen, in Memes oder in ASMR-Videos. Sie analysieren, wie visuelle Inhalte gezielt eingesetzt werden – als Mittel der Kommunikation, Manipulation oder des Protests. In einer durch Algorithmen gesteuerten Aufmerksamkeitsökonomie stehen Bilder nicht mehr nur für Repräsentation, sondern zunehmend für Steuerung und Einflussnahme.
So dokumentiert Zoé Aubry mit ihrer Arbeit #Ingrid (2022) einen digitalen Akt des Widerstands gegen die mediale Ausbeutung eines Femizids in Mexiko. Durch das gezielte Überschreiben von Suchergebnissen mit würdevollen Bildern wurde ein virtueller Raum des Gedenkens geschaffen.
Dina Kelberman analysiert mit The Wave (2025) die ästhetische Sogkraft von ASMR-Videos. Ihre raumgreifende Videoinstallation stellt Fragen nach den Spannungen zwischen Entspannung und Reizüberflutung.
- Noura Tafeche, aus Annihilation Core, Inherited Lore ٩(͡๏̯͡๏)۶, 2023– © Noura Tafeche, Foto: Luca Girardini (CC BY-NC-SA)
- Jenny Rova, aus der Serie A MILF DREAM – My Matches on Tinder, 2024 © Jenny Rova
- Joiri Minaya, aus #dominicanwomengooglesearch, 2016 © Joiri Minaya, Foto: Maxime Boisvert
Joiri Minaya zeigt mit #dominicanwomengooglesearch (2016), wie stereotype Online-Bilder von „dominikanischen Frauen“ kulturelle Klischees fortschreiben. Ihre Collagen stellen diese Darstellungen infrage und setzen ihnen eine neue visuelle Sprache entgegen.
Jenny Rova verarbeitet in A MILF DREAM – My Matches on Tinder (2024) ihre persönlichen Erfahrungen mit Online-Dating. Die daraus entstandenen Fotocollagen beleuchten das Spannungsfeld zwischen Intimität, Selbstinszenierung und algorithmisch geprägter Wahrnehmung.
Noura Tafeche entlarvt mit Annihilation Core Inherited Lore (seit 2023) die strategische Nutzung niedlicher Internet-Ästhetiken zur Verbreitung von Gewaltverherrlichung, Rassismus und sexistischen Ideologien. Ihre Arbeit basiert auf einem umfangreichen digitalen Archiv, das die verborgenen Narrative hinter viralen Inhalten offenlegt.
Die Ausstellung zeigt, dass digitale Bilder weit mehr sind als dekorative Elemente oder Informationsmedien. Sie sind Ausdruck gesellschaftlicher Machtverhältnisse, Träger politischer Botschaften und Motoren kollektiver Emotionen. Das Fotomuseum bietet mit The Lure of the Image einen differenzierten Blick auf die Mechanismen visueller Verführung und lädt dazu ein, die eigene Bildkompetenz kritisch zu hinterfragen.
Foto oben: Zoé Aubry, aus #Ingrid, 2022 © Zoé Aubry, Foto: Daniel Müller
* Fotomuseum Winterthur | Grüzenstrasse 44 + 45 | CH–8400 Winterthur