Mit seiner zehnten Ausgabe feierte die Photo London Mitte Mai ihr zehntes Jubiläum. Die diesjährige Kunstmesse brachte über 130 Galerien und Institutionen zusammen und präsentierte Werke von mehr als 400 Fotografen.
Als die Photo London 2015 erstmals ihre Tore öffnete, war die Idee, eine ausschließlich der Fotografie gewidmete Messe in einer Kunststadt wie London zu etablieren, noch mit Skepsis behaftet. Heute gilt Photo London als unverzichtbarer Treffpunkt für internationale Fotokunst – ein Ort des Austauschs, ein Spiegel globaler Diskurse im Medium Fotografie. Für die Gründer Michael Benson und Fariba Farshad war Photo London nie nur ein Marktplatz. Es war der Versuch, der Fotografie in London ein Zuhause zu geben.
Mit Sophie Parker trat in diesem Jahr eine neue Direktorin an, die Photo London frischen Wind verlieh. Bewusst verzichtete sie auf etablierte Formate wie den „Master of Photography“, um Raum für neue Perspektiven zu schaffen. Ihre Vision: eine Messe, die den Reichtum fotografischer Praxis in all ihren Facetten widerspiegelt – divers, risikofreudig, inklusiv. Parker positionierte die Messe als kulturelle Plattform, nicht als Event für den elitären Markt.
Im Discovery-Bereich, kuratiert von Charlotte Jansen, pulsierte das kreative Herz der Messe. Junge Künstler wie Lucia Pizzani oder Jesse Glazzard zeigten Werke, die sich gängigen Kategorien entzogen – ob mit Baumrindenpapier oder queerer Dokumentarfotografie aus Kriegsgebieten. Hier zeigte sich: Die Fotografie bleibt eines der lebendigsten und experimentierfreudigsten Medien unserer Zeit.
Ein Höhepunkt der Messe war zweifellos die Ausstellung London Lives, kuratiert von Francis Hodgson. 30 der bedeutendsten Londoner Fotografen – darunter David Bailey, Joy Gregory, Hannah Starkey und Idris Khan – zeichneten ein kaleidoskopisches Porträt der Metropole: roh, poetisch, widersprüchlich. Die Schau verstand sich als Hommage an den ständigen Wandel Londons – eine Stadt, die sich nie festlegen lässt.
Im zehnten Jahr trat Photo London betont bodenständig auf. Statt Champagner gab es Bier im Innenhof, statt High Heels Sneaker. Führungen, junge Besuchergruppen und Gespräche ersetzten elitären Kunstjargon. Die Messe verstand sich als Forum, nicht als Laufsteg – als Ort der Neugier, nicht der Pose.
Ein weiterer Neuzugang, der begeistert aufgenommen wurde, war der Book Market. Kuratiert von Ben Goulder, versammelte er über 30 unabhängige Verlage aus aller Welt. Fotobücher, Zines und experimentelle Publikationen fanden hier ihren eigenen Raum – als demokratische und zugleich sammelwürdige Form fotografischer Praxis.
In der Sektion Positions, kuratiert von Maria Sukkar, standen Künstler ohne Galerievertretung im Mittelpunkt. Werke von Adam Rouhana oder Kalpesh Lathigra berührten durch ihre Tiefe und gesellschaftliche Relevanz – ein Beweis dafür, dass die stärksten Stimmen oft die sind, die man gerade erst zu hören beginnt.
Zwei Wettbewerbe rückten den fotografischen Nachwuchs ins Rampenlicht: Der Gewinner des Hahnemühle Student Award, Billy Allen (UWE Bristol), überzeugte mit Exhibition, einer Serie zwischen Theater, Film Noir und Modemagazin. Seine Arbeiten zeugen von einem präzisen, kollaborativen Ansatz.
Mit dem Nikon Emerging Photographer Award wurden Silvana Trevale (Alma Llanera) und Gabriel Pinto (El Mampulorio) gemeinsam ausgezeichnet. Beide Projekte verarbeiten venezolanische Realitäten – das eine mit jugendlicher Melancholie, das andere mit ritueller Würde.
Ob durch analoge Experimente oder dokumentarische Alltagsbeobachtungen – Photo London 2025 bewies, dass Fotografie heute mehr ist als ein Bildmedium. Sie ist Werkzeug der Reflektion, der Erinnerung und des Widerstands.
Mit großer Trauer wurde der Tod von Sebastião Salgado bekannt gegeben – Fotograf, Visionär und humanistischer Chronist. 2015 war er der erste „Master of Photography“ der Messe. In diesem Jahr war seine Ausstellung Genesis, realisiert mit dem Prix Pictet und der Polka Gallery, ein emotionales Vermächtnis. Seine Bilder – vom Amazonas bis zur Arktis – zeugen von der tiefen Verbindung zwischen Mensch und Natur.
Die nächste Ausgabe der Photo London findet vom 15. bis 18. Mai 2026 erneut im Somerset House statt.
Fotos: Graham & Finn Carlow, Photo London