Bluffen heißt, die richtigen Worte zu finden und sie mit dem entsprechenden Gesichtsausdruck vorzutragen. Wer dabei ein wenig Humor mitbringt, wird sich in der Welt der Fotografie bestens behaupten! Eine Glosse von ProfiFoto Herausgeber Thomas Gerwers.
A
Analoge Fotografie
Wenn du über den Charme der analogen Fotografie sprichst, tu so, als hättest du eine dunkle Kammer im Keller und schwärm vom „unvergleichlichen Look des Films“. Lass nebenbei fallen, dass du „die Seele des Moments“ einfängst und wie unglaublich „authentisch“ das Korn bei ISO 400 wirkt. Niemand muss wissen, dass du seit Jahren nicht mehr selbst entwickelt hast. Und wenn du dann sagst, dass „jede Aufnahme zählt“, vermittelst du das Gefühl, als würdest du mit Bedacht jede Auslösung künstlerisch voll ausschöpfen.
Analogkameras
Wenn du wirklich beeindrucken willst, lass gelegentlich Namen wie „Leica M6“, „Pentax Spotmatic“ oder „Nikon F2“ fallen und behaupte, du fühlst dich von der Mechanik „inspiriert“. Erkläre, wie das Aufziehen des Films für dich wie ein kleines, heiliges Ritual ist, und wie du das „echte, authentische Klick“ des Auslösers gegenüber dem digitalen Piepsen schätzt. Wenn jemand nach deiner liebsten Analogkamera fragt, gib geheimnisvoll zurück: „Das kommt auf das Motiv an“ – und nimm dann stolz deine Digitalkamera zur Hand.
Artist Statements
Ein gutes Artist Statement wirkt wie ein geheimnisvolles Fenster in dein künstlerisches Schaffen. Hier ist weniger oft mehr – du erklärst nicht deine Technik, sondern deine „Vision“. Mit Worten wie „Erforschung“, „Transformation“ und „Identität“ kannst du punkten. Der CV hingegen ist deine Visitenkarte: Erwähne ruhig jede kleine Ausstellung und bilde keine falsche Bescheidenheit, selbst wenn die „Einzelausstellung“ nur in deinem Wohnzimmer war. In Kombination zeigen Artist Statement und CV: Hier ist ein Künstler, der mehr zu bieten hat, als auf den ersten Blick scheint!
B
Bildbände
Der Bildband ist das ultimative Werk eines Fotografen, der seine besten Arbeiten in einem wahren „Meisterbuch“ verewigt. Wenn du darüber sprichst, nenne es nie einfach ein „Fotobuch“ – das wäre ein Affront. Wähle Begriffen wie „visuelles Essay“ oder „fotografisches Manifest“. Erwähne außerdem, wie wichtig die Bindung und Papierauswahl für die haptische Erfahrung sind. Du kannst auch lässig einwerfen, dass jedes Bild auf einer „metaphorischen Reise“ platziert wurde, um die Betrachter emotional mitzunehmen – ein echter Bluff-Bonus!
Bildbearbeitung
Wenn du Photoshop benutzt, kannst du so tun, als ob du alles manuell machst. Aber in Wahrheit klickst du einfach auf „Auto“. Wenn jemand zusieht, murmle etwas wie „Ich lass die KI ein bisschen arbeiten, dann passe ich den Feinschliff an.“ Niemand wird sich trauen, das zu hinterfragen, und du hast in der Zwischenzeit Zeit für einen Kaffee.
Bildsprache
Jede Diskussion über Originalität in der Fotografie erfordert einen Hauch von Mystik. Erkläre also beiläufig, dass es deine einzigartige Perspektive ist, die den Unterschied macht – und nicht die Tatsache, dass du das Bild aus einem etwas schrägeren Winkel als der Typ neben dir gemacht hast. Versichere deinem Publikum, dass „echte Kunst“ nicht kopiert werden kann und deine Werke einzigartig sind, auch wenn du stundenlang auf Instagram gescrollt hast, um dich „inspirieren“ zu lassen.
C
CMYK vs. RGB
Wenn du Eindruck schinden willst, wirf mit CMYK und RGB um dich, als wären es magische Formeln. „CMYK ist für Print, RGB für Bildschirm“ – so die einfache Erklärung. Aber das reicht natürlich nicht! Behaupte stattdessen, dass nur wahre Kenner die „subtilen Farbverschiebungen“ zwischen beiden erkennen. Ein Stirnrunzeln und ein bedeutungsvoller Blick auf das Bildmaterial wirken Wunder, besonders wenn du andeutest, dass CMYK den „Seelenfrieden des Bildes“ zerstören könnte.
Casting
Das geheime Ritual, bei dem Fotografen den ultimativen Look finden, während sie gleichzeitig ihre Fähigkeit zur schnellen Menschenkenntnis unter Beweis stellen. Natürlich hast du als Fotograf ein Auge für das „gewisse Etwas“. Halte Phrasen wie „Du hast ein wahnsinnig fotogenes Gesicht!“ oder „Ich sehe in dir so viel Potenzial!“ als Codes für „erschöpfter Blick“ und „ungewöhnliche Knochenstruktur“ parat, während du den fragenden Blick geschickt ignorierst, ob du damit ernsthafte Buchungen meinst oder nur charmant plauderst.
D
Drohnenfotografie
Hier gilt die Devise, je teurer das Equipment, desto überzeugender der Bluff. Mach ein ernstes Gesicht, während du sagst: „Die Luftströme waren heute echt problematisch.“ Das wird niemand hinterfragen, und du klingst wie ein erfahrener Drohnenpilot, auch wenn deine Drohne gerade im Baum hängt.
E
Electronic View Finder (EVF)
Der EVF ist der digitale Sucher, der Fotografie zur Science-Fiction erhebt. Du siehst die Welt nicht mehr „wie sie wirklich ist“, sondern „wie die Kamera sie gerne hätte“. Das hat Stil: Unterbelichtung? Sieht live schon düster aus. Übersättigung? Ein Regenbogen direkt auf deinem Display! Sprich von der „Präzision des digitalen Suchers“ und wirke dabei, als ob du die Geheimnisse des Universums entschlüsseln würdest – oder zumindest weißt, wie man Belichtungskorrektur einstellt.
F
Festivals
Ein echter Fotograf kennt die besten Fotofestivals und -events – oder tut zumindest so. Hier gilt: Nie als erster von der eigenen Arbeit sprechen. Tu stattdessen interessiert, wenn andere von ihrer „künstlerischen Reise“ berichten, und erwähne beiläufig einen „Erfahrungsaustausch mit Gleichgesinnten“. Betone, dass du besonders an „neuen Perspektiven“ und „visionären Konzepten“ interessiert bist. Und das Wichtigste: Lächle wissend, wenn der Begriff „Fine Art Photography“ fällt – das zeigt Haltung!
G
Gegenlichtblende
Die Gegenlichtblende – das ultimative Accessoire für den Fotografen, der sich gern wie ein Profi fühlt, selbst wenn er sich fragt, wie man das Ding überhaupt richtig anbringt. Offiziell dient die Blende dazu, das Objektiv vor störendem Streulicht zu schützen und Kontraste zu verbessern. Aber seien wir ehrlich: Mindestens die Hälfte der Fotografen verwendet sie einfach, weil sie damit „professioneller“ aussehen. Ob sie wirklich einen Unterschied macht? Manchmal. Aber hey, sie hilft auch dabei, zufällige Kaffeeflecken oder neugierige Fingerabdrücke auf dem Glas zu verhindern – und das ist ja auch was wert!
Galerie
Galerien sind die exklusiven Nachtclubs der Fotografie – nur ohne die Musik und mit mehr Schwarz und Weiß. Betritt eine Galerie stets so, als würdest du die eigene Arbeit ausstellen (selbst wenn deine „Werke“ nur im privaten Ordner auf deinem Handy schlummern). Die Kunst des Bluffs: Rede nie zu viel über Preise, aber wirke enttäuscht, wenn man nach einem „Rabatt“ fragt – schließlich ist Kunst unbezahlbar. Am besten lässt du durchblicken, dass deine Arbeiten „noch nie unter fünfstelligen Summen“ verkauft wurden – und die fünfstellige Summe bleibt dein Geheimnis.
H
Honorare und Tagessätze
Wenn es um Honorare geht, schwingt die Kunst der Verhandlung ganz oben mit. Gib jedem potenziellen Kunden das Gefühl, dass deine „kreative Vision“ und „individuelle Herangehensweise“ unbezahlbar sind – aber dann doch knapp im dreistelligen Bereich anfangen. Falls jemand rabattsüchtig ist, sag ernst: „Ein gutes Bild ist eine Investition in die Ewigkeit.“ Und denk dran, deine Preise als „branchenüblich für gehobene Kunst“ zu bezeichnen – wer weiß schon genau, was das wirklich heißt?
I
Instagram-Gurus
„Ah, Instagram? Klar, das Wichtigste ist, das Licht wie Rembrandt zu setzen und die Hashtags mit Bedacht zu wählen.“ Mach es dir zur Gewohnheit, in jedem Satz einen Künstlernamen zu erwähnen. Wer weiß schon, ob Rembrandt Hashtags genutzt hat?
J
JPEG oder RAW
Wenn Sie Ihre Fotografen-Kollegen beeindrucken wollen, dürfen Sie diese Frage niemals zu leicht nehmen. JPEG? Das ist für jene, die „bequem und schnell“ bevorzugen – die Art von Leuten, die auch mal eine Pizza in der Mikrowelle aufwärmen. Der wahre Künstler hingegen entscheidet sich für RAW: Unbearbeitet, roh und voll von kreativen Möglichkeiten. Ein Bild, das erst durch Ihre Photoshop-Künste Form annimmt! Merke: Ein echter Bluff-Künstler belächelt JPEG – das ist für die Masse. RAW ist der Stoff für die Elite.
K
KI-Bildgeneratoren
Wenn du Bildgeneratoren einsetzt, betone, dass du KI „nur als ergänzendes Werkzeug“ nutzt, um neue Bildwelten zu erforschen, und nenne es gern einen „kollaborativen Prozess“. Behandle KI-Tools wie kreative Assistenten „zur Ideensammlung“ – und nicht wie die Hauptakteure. Betone, dass die künstlerische Vision immer bei dir liegt. Falls jemand den künstlerischen Wert hinterfragt, erwähne, dass du auf „konzeptuelle Tiefe“ achtest und „bewusste Entscheidungen“ bei jedem Prompt triffst – das klingt nach Feinsinn! Zeig dich technikaffin, indem du Begriffe wie „Prompt-Optimierung“ und „Modellwahl“ einstreust. Falls jemand die Originalität anzweifelt, erklär das KI-Ergebnis als Teil deines „prozessorientierten Ansatzes“. Und falls die KI mal völlig danebenliegt? Nenne es charmant „kreatives Chaos“ – klingt besser als „Fehlversuch“.
Künstlerische Fotografie
Um in der Welt der Fine Art Fotografie zu bluffen, reicht es, Worte wie „Konzept“, „Form“ und „visuelle Poesie“ in deine Erklärungen zu streuen. Denn in dieser Sphäre geht es nicht einfach um das Bild selbst, sondern um die tiefere Bedeutung – die Botschaft, die *durch dich* in die Welt strahlt. Deine Werke sind keine Fotos, sie sind „Auseinandersetzungen mit der Existenz“. Wenn jemand fragt, was das bedeutet, schau einfach nachdenklich in die Ferne und antworte: „Es ist… schwierig zu erklären.“
L
Lebenslauf
Hier geht es darum, beeindruckend zu klingen, ohne zu viel preiszugeben. Begriffe wie „internationale Ausstellungserfahrung“ oder „Sammlungen weltweit“ verleihen sofort Glamour, selbst wenn „international“ nur eine Ausstellung im Nachbarort bedeutet. Lass auch den Titel „Künstlerischer Berater“ einfließen, wenn du jemals jemandem zu einem Foto-Tipp verholfen hast. Wenn es an großen Namen fehlt, erwähne statt konkreter Galerien „zahlreiche Ausstellungen“ – keiner wird nachzählen! So entsteht ein CV, der schwer beeindruckt, ohne zu viele Details preiszugeben.
M
Mittelformatkameras
Eine Mittelformatkamera ist das Fotografen-Statement für „Ich meine es ernst“. Sie wiegt so viel wie eine kleine Hantel und macht jeden Fotografenarm muskulös. Erwähne ruhig beiläufig, dass du die „höhere Detailtiefe“ schätzt – selbst wenn dein Rücken bei jedem Shooting protestiert. Mittelformat hat außerdem den Vorteil, dass jeder, der dich mit diesem Koloss sieht, beeindruckt nickt. Und das Schönste: Wenn das Bild am Ende immer noch nicht perfekt ist, liegt es definitiv nicht an der Kamera.
N
NFTs
Verstehst du, was NFTs sind? Auch nicht? Kein Problem. Wenn das Thema aufkommt, lenke das Gespräch schnell auf Blockchain und wie NFTs „die gesamte Kunstszene verändern“. Erwähne dann beiläufig, dass du „darüber nachdenkst, deine Werke zu tokenisieren“. Keiner wird es wagen zuzugeben, dass sie genauso wenig Ahnung davon haben wie du.
O
Original
Wenn Fotografen von einem „Original“ sprechen, meint das mehr als nur das Bild selbst – es ist wie der einzig wahre Zaubertrank, der aus der Kamera fließt. Ein Original ist das Unberührte, das Unverfälschte, das heilige Ergebnis der „echten künstlerischen Vision“. Dabei bleibt natürlich geheim, dass ein „Original“ einfach ein Print ist. Sobald das Wort fällt, nickt jeder andächtig, als hätte er gerade einen Picasso vor sich.
P
Preisfindung
Hier gilt das Prinzip „klingt teuer, ist teuer“. Lass Begriffe wie „subjektiver Wert“ oder „künstlerischer Anspruch“ fallen und behaupte, dass die Preisfindung nichts mit Kosten, sondern mit „emotionalem Wert“ zu tun hat. Falls dich jemand nach der Preiskalkulation fragt, wechsle in den philosophischen Modus: „Kann man Kunst überhaupt beziffern?“ Natürlich liegt die Antwort irgendwo zwischen „absolut nicht“ und „ab 2.000 Euro aufwärts“, aber lass das offen. Ein vernebelter Preis schafft immerhin Mysterium – und das verkauft sich.
Portfolio Review
Bei Portfolio-Reviews ist Selbstbewusstsein Pflicht, Bescheidenheit dagegen optional. Präsentiere dein Portfolio, als wäre jede der Aufnahmen sorgfältig kuratiert, selbst wenn sie erst auf dem Weg zur Review noch schnell zusammengestellt wurden. Zeig dich interessiert an Feedback und nicke weise, wenn Begriffe wie „visuelle Erzählkraft“ fallen. Wenn die Jury Kritik übt, erwähne, dass du „experimentierst“ und das Projekt „noch im Fluss“ ist. Achte darauf, ein paar Rückfragen zu stellen – das signalisiert Offenheit und Engagement (und lenkt von etwaigen Mängeln ab).
Print-Editionen
Eine limitierte Edition zu veröffentlichen, verleiht deinen Arbeiten Exklusivität und Sammlerwert. Ob als „auf 50 Prints begrenzt“ oder mit „nummerierten Abzügen“ – jede Zahl steigert die Begehrlichkeit. Betone bei Gesprächen die „persönliche Verbindung“, die solche Bilder schaffen, und dass jede Ausgabe von dir sorgfältig signiert wurde. Für den Bluff-Effekt erwähne gern, dass Sammler bereits „die Bedeutung der Serie erkannt haben“ – egal, ob es stimmt.
Q
Qualität
Qualität ist das geheime Zauberwort, das jedes Foto plötzlich wertvoll macht. Sie ist das mysteriöse „gewisse Etwas“, das der Betrachter nicht benennen kann, aber unbedingt erkennen soll, auch wenn das Motiv einfach eine schiefe Tasse ist. Qualität bedeutet: Wenn jemand fragt, warum das Bild so besonders ist, reicht ein wissendes Lächeln und das beruhigende „Die Komposition spricht für sich“. Denn Qualität sieht man – oder man tut zumindest so.
R
Reklamationen
Wenn Auftragsarbeiten nichts geworden sind, hilft ein souveräner Umgang. Nimm kleine Fehler locker, und erkläre die Bildsprache selbstbewusst als „kreativen Ansatz“. Falls es zu deutlichen Abweichungen von der Erwartung kommt, betone, dass du „neue visuelle Wege erforscht“ hast. Sollte Kritik laut werden, sei professionell und schlage vor, einzelne Bilder neu aufzunehmen. Am besten mit dem Hinweis, dass die zweite Version oft „noch mehr Tiefe“ bekommt – das klingt künstlerisch und signalisiert Flexibilität.
S
Smartphone-Fotografie
Wenn du statt eine Kamera zu benutzen, hektisch auf deinem iPhone rumwischst, tu es zumindest im „Pro-Modus“. Rede dann von ISO, Blende, Bokeh und Weißabgleich, auch wenn keiner weiß, was das bedeutet – inklusive dir. Notfalls sprich einfach von „natürlichem Licht“, das zieht immer.
Sofortbildfotografie
Sofortbilder sind der perfekte Weg, um lässig Retro-Nostalgie und spontane Kreativität zu vereinen. Wenn du erklärst, dass „echte Magie im Moment des Erscheinens“ steckt, zählen nicht Schärfe oder perfekte Belichtung, sondern die „authentische Ästhetik“, die keine Filter braucht. Und wenn ein Bild mal verwackelt oder überbelichtet ist, behaupte einfach, das sei ein „bewusst gewähltes Stilmittel“. Jedes Sofortbild ist schließlich ein Unikat – und das klingt einfach immer künstlerisch.
T
Tiefenschärfe
Tiefenschärfe – dabei geht es darum, wie viel unscharfes Zeug wir im Bild dulden können, bevor es so aussieht, als hätte man einfach vergessen, die Kamera richtig einzustellen. Am Ende ist es meistens nur der Versuch, das Chaos im Bild auf ein erträgliches Maß zu reduzieren und irgendwie den Anschein von Absicht zu erwecken.
Treffen (mit Fotografen)
In der Gesellschaft anderer Fotografen geht es vor allem um Understatement. Zeig deine neueste Kamera niemals zu offensichtlich und lass die anderen sie beiläufig entdecken. Betone, dass du „keine technische Perfektion, sondern authentische Momente“ suchst – das klingt besser, wenn der Fokus mal daneben liegt. Bring gelegentlich Namen klassischer Fotografen ins Spiel und nenne deine Werke „Studien“. Und wenn dich jemand um Tipps bittet, antworte geheimnisvoll: „Es geht um das Licht.“
U
Unfotogene Modelle
Hier braucht es Fingerspitzengefühl und ein paar Tricks aus dem Profihut. Sprich niemals von „ungünstigen Winkeln“, sondern erkläre, dass du „das natürliche Potenzial“ hervorheben möchtest. Wenn alles andere versagt, gibt es die Schwarzweiß-Option. Sie verleiht allem einen dramatischen Hauch von „kunstvoll“ und lenkt von Details ab, die man vielleicht lieber kaschieren möchte.
V
Verbände und Organisationen
Ah, die Welt der Verbände und Organisationen! Jene ehrwürdigen Institutionen, die mit heroischem Einsatz Regeln, Vorschriften und Hürden aufstellen, um sicherzustellen, dass niemand jemals zu viel Spaß oder Kreativität in einem geregelten Umfeld haben könnte. Diese Meister, die ganz bescheiden im Schatten agieren – stets bereit, mit Anträgen und Formularen das Leben zu bereichern. Ob Sie Mitglied, Ehrenmitglied oder unfreiwilliges Opfer sind, diese Organisationen stehen bereit, um zu helfen … oder zumindest so zu tun, als ob. Ihre Hauptaufgabe? Regularien zu schaffen, die selbst die zähesten Künstler und Fotografen auf die Knie zwingt.
Vintage-Objektive
Ein echter Geheimtipp, um beeindruckend fachkundig zu wirken! Schwärme von der „organischen Bildqualität“ und „samtweichen Bokeh“, die nur alte Linsen erzeugen können. Begriffe wie „Farbwiedergabe“ und „manueller Fokus“ lassen dich sofort wie einen Connaisseur klingen. Und vergiss nicht, zu betonen, dass jedes Vintage-Objektiv „seine eigene Seele“ hat – auch wenn du nur versuchst, das Teil irgendwie auf deiner modernen Kamera zum Laufen zu bringen. Schließlich wirkt alles mysteriöser, wenn man „Patina“ statt „Gebrauchtspuren“ sagt.
W
Wettbewerbe
Nichts klingt beeindruckender als ein paar eingereichte Werke bei „international renommierten Wettbewerben“ – auch wenn du nur knapp die Teilnahmebedingungen erfüllt hast. Ein Tipp: Jede „ehrenvolle Erwähnung“ klingt wie ein halber Sieg, egal wie viele Teilnehmer es gab.
X
Warum „X“ der am häufigsten verwendete Buchstabe in Kameranamen ist? Pure Magie des Marketings. X klingt geheimnisvoll, fast schon so, als wäre die Kamera ein sagenumwobenes Artefakt – und wer will nicht das Gefühl haben, eine Schatzkarte zu entschlüsseln? Zudem bringt „X“ stets etwas
Futuristisches mit, wie ein Produkt, das sich noch ein kleines bisschen zu früh in unsere Realität verirrt hat.
Z
Zeitschriften
Eine Foto-Zeitschrift in der Hand ist wie ein Zauberstab für den Bluffer – sie verleiht das beeindruckende Gewicht eines Experten, ohne den Aufwand des Wissens. Blättere lässig durch Seiten voller Fachchinesisch, und schon bist du die Person im Raum, die etwas vom „neuen revolutionären Objektiv-Coating“ gehört hat, obwohl du wahrscheinlich gar nicht weißt, was Coating überhaupt bedeutet. Aber das spielt keine Rolle! Zeitschriften liefern dir Schlagwörter wie „Spitzenoptik“, „Bilddynamik“ und „Low-Light-Performance“, die du im nächsten Gespräch gekonnt fallen lassen kannst, um bewundernde Blicke zu ernten. Dabei musst du nur sicherstellen, dass niemand wirklich nachfragt – oder, noch besser, du konterst jede Frage mit einem „Also, laut PRO FOTO WISSEN ist es eigentlich ein alter Hut…“
DAS ORIGINAL
Das im Jahr 1992 in englischer Sprache erschienene Buch „Bluff Your Way in Photography“ (Bluffer’s Guides) ist heute nur noch antiquarisch verfügbar. Über zwei Jahrzehnte später soll der hier zusammengestellte Guide als Aktualisierung dieses Ratgebers dienen.