Christoph Bangerts Großvater, Dr. Adolf Bangert, war Militär-Arzt und überzeugter Nazi bis zu seinem Tod. Er diente in Russland. „Er muss unvorstellbare Dinge gesehen haben. Alles, worüber er jemals sprach, war sein Pferd.“ Fast lakonisch fasst Christoph Bangert im bebilderten Epilog seine frühesten Erinnerungen an das Thema Krieg zusammen.
Jetzt, viele Jahre später, als erfolgreicher Fotograf in Krisengebieten unterwegs, entschließt sich Christoph Bangert, die vielschichtige Zensur und Selbstzensur abzuschalten. In War Porn stellt er Fotografien aus Afghanistan, Irak, Indonesien, Libanon und Gaza zur Diskussion.
Es sind nicht seine besten Bilder, wie er im Vorwort sagt, nicht die wohlkomponierten Kriegs- und Landschaftsaufnahmen, Porträts und Details. Es sind rohe, intensive, kontroverse und schockierende Bilder. Bilder, von denen er sich bei manchen nicht erinnert, sie gemacht zu haben. Bangert eröffnet mit ihnen einen Dialog darüber, wie man mit diesen Bildern umgeht, oder auch nicht. Einige der Fragen, die ihn umtreiben sind: „Nutze ich die Menschen in meinen Bildern aus? Ist es moralisch zu rechtfertigen, als Fotograf in Kriegsgebieten zu arbeiten? Warum sind wir alle von Bildern des Elends anderer angezogen? Prodzuiere ich Kriegs-Pornografie?“
Die Gestaltung des Buches, für die Teun van der Heijden, Chiho Bangert und Klaus Kehrer verantwortlich zeichnen, wird dem Inhalt mehr als gerecht. Durch das kleine Format, den einfachen Pappeinband mit offenem Rücken sowie Titel und Texten in Schreibmaschinen-Typo wirkt es wie ein handgemachtes, privates Journal.
Einige Seiten im Buch sind unbeschnitten, also geschlossen. Der Leser kann sie entlang einer Perforation öffnen und so selbst entscheiden, wie viele der Bilder er sehen möchte, wie viele er ertragen kann.
Klaus Bangert, Jahrgang 1978, studierte Fotodesign an der FH Dortmund und Fotojournalismus am ICP in New York. Er fotografiert regelmäßig für die New York Times, Neue Zürcher Zeitung und den Stern. Seine Arbeiten wurden unter anderem bei World Press Photo ausgezeichnet. Bangert lebt mit seiner Frau Chiho und zwei Töchtern bei Zürich.
Kehrer Verlag, 192 Seiten, 98 Abb. in Farbe, gebunden, Englisch, 29,90 Euro, ISBN 978-3-86828-497-3.