Die aktuelle Ausstellung „Die Tugend der Reduktion“ im Fotografie-Forum der Städteregion Aachen in Monschau widmet sich bis 21. September 2025 der Schönheit klarer, schlichter Bildkompositionen in der Fotografie.
- Pietro Donzelli, Trattoria di Pozzuoli, Napoli 1950 © Estate Pietro Donzelli, Renate Siebenhaar, Frankfurt a.M.
- Tippi HEDREN, main actress in British film director Alfred HITCHCOCK’s movie „The Birds“.
„Die Tugend der Reduktion“ nimmt Werke in den Blick, denen eine zeitlose Ästhetik innewohnt und die sich einer direkten Zuordnung zu einem bestimmten Ort oder einer bestimmten Zeit entziehen.
In der Fotokunst bezieht sich der Begriff der Reduktion zumeist auf eine bewusste Vereinfachung der Bildsprache, die durch unterschiedliche Mittel erreicht werden kann, wie durch Komposition, Lichtführung, Farb- und nicht zuletzt die Motivauswahl. Anhand von 25 fotografischen Positionen und rund 170 Arbeiten präsentiert die Schau ganz unterschiedliche künstlerische Strategien der Vereinfachung, die in fast allen Genres des Mediums zu finden sind. „Aus der Faszination für die Fotografie der 20er und 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts entstand die Idee, eine weitere Ausstellung zu konzipieren, die sich der Ästhetik und Schönheit von klaren, schlichten Bildkompositionen widmet – Bildern also, die zeitlos sind und sich meist keinem bestimmten Ort und keiner bestimmten Zeit zuordnen lassen“, erläutert die Kuratorin und Leiterin des Fotografie-Forums Dr. Nina Mika- Helfmeier.
- Hugo Thomassen, Malford Milligan, 2021, ©Hugo Thomassen
- Herbert List, Wasserspiegelung, Lago Maggiore 1949 © Herbert List Estate
In der Landschaftsfotografie zeigt sich diese Reduktion etwa in weiten, menschenleeren Landschaften und einer klaren Linienführung. Die Werke von Friedrich Seidenstücker aus den 1930er Jahren lassen die Umgebung durch schlichte Bildarrangements besonders poetisch wirken. Paolo Pellegrin versucht eher die Essenz der Landschaft zu vermitteln und greift dafür auf den gezielten Einsatz von Linien und (Bild-)Flächen in seinen Kompositionen zurück. In seinen Aufnahmen des 2021 ausgebrochenen isländischen Vulkans Fagradalsfjall ordnet ein minimales Farbspektrum von Schwarz- und Rottönen zusätzlich den Bildaufbau. Die meisten Landschaftsfotografien in der Ausstellung sind jedoch schwarz-weiß. Ikonenhaft ist hier die Fotografie von Barbara Klemm mit dem Titel „Matterhorn, Schweiz“ aus dem Jahr 1933. Sie zeigt den Mond der die Spitze des Matterhorns anstrahlt und sie silbrig zum Leuchten bringt. Die Vogelperspektive der Aufnahme simuliert eine Art von göttlichem Blick auf die Erde.
Die Reduktion zieht sich als ästhetisches Prinzip auch durch die Arbeiten anderer Künstler der Ausstellung. So nutzt Hugo Thomassen in seinem Bild „Das Meer“ (2023) das Spiel mit Licht und Schatten, um das Wesentliche auf ein Minimum zu reduzieren. Herbert List, bekannt für seine streng komponierten, surrealistischen Stillleben, verwendet das Mittel der Reduktion, um Klarheit und Präzision in seinen Fotografien zu erreichen. Auch Anton Stankowski zeigt in seinem Fotogramm „Erbsenschote“ (1928), wie durch bewusste Vereinfachung die ästhetische Wirkung der Form verstärkt wird.
In der Porträtfotografie werden vereinfachende Elemente ebenfalls genutzt, um das Wesentliche einer Person zu demonstrieren. So werden Menschenbildnisse beispielsweise als kontrastreiche Silhouetten dargestellt, um den Körper als eine abstrakte Form zu zeigen. Der neutrale schwarze oder weiße Hintergrund der Fotoaufnahmen lenkt die Aufmerksamkeit der Betrachtenden auf das Gesicht, die Hände oder die momenthafte Körperbewegung.
In jeder präsentierten Aufnahme wird das Zusammenspiel zwischen Sujet und Gestaltung auf eindrucksvolle Weise sichtbar. Während des Ausstellungsrundgangs sind die Besuchenden dazu eingeladen, die Schönheit in den scheinbar einfachen Kompositionen zu entdecken und ein „anderes Sehen“, mit Liebe zum Detail, zu erlernen.
Foto oben: René Burri, Mexico, Mexico City, 1976, San Cristobal. Stablehorse pool and house (1966-69) planned by Luis Barragan and Andres Casillas © René Burri / Magnum Photos
*Fotografie-Forum der StädteRegion Aachen in Monschau Austraße 9, 52156 Monschau: Di-Fr von 14.00 – 17.00 Uhr, Sa & So von 11.00 – 17.00 Uhr, Mo geschlossen, Eintritt frei