Das Smartphone hat zum Niedergang der Kompaktkamera geführt, doch seit ein paar Jahren feiern einige Kameras mit fest eingebautem Objektiv überraschend nachhaltige Erfolge, so die Ricoh GR-Modelle, die Fujifilm F100-Reihe und die Leica Q-Familie. Jetzt hat Fujifilm die GFX100RF im Mittelformat nachgelegt. Was halten Fotografen von diesem bewussten Verzicht auf Wechselobjektive? Das wollten wir wissen:
- Denken Sie über die Anschaffung einer Kamera mit integrierter Optik nach oder haben Sie sich bereits in den letzten Jahren eine angeschafft?
- Wie nutzen Sie eine solche Kamera? Setzen Sie sie auch im Job ein?
- Was erwarten Sie von einer guten Kompaktkamera?
- Was ist für Sie wichtiger: Lichtstärke, Brennweite oder Auflösung?
Bertram Solcher, Fotograf, bertramsolcher.de
(Foto: Wolfgang Köhler)
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Ich habe eigentlich immer eine „Immer-dabei-Kamera“ mit Festbrennweite besessen. Zu analogen Zeiten waren es unterschiedliche Modelle von Contax, Konica und Olympus. Digital gab es am Anfang erst einmal nichts Vernünftiges. Ich habe dann ein bisschen mit Micro Four Third Kameras herumprobiert, ohne damit so richtig glücklich zu werden. Als 2010 die Fujifilm X100 auf den Markt kam, wurde ich einer der ersten Besitzer dieser Baureihe. In den letzten 15 Jahren habe ich dann immer wieder auf die aktuellen und verbesserten Modelle umgestellt. Interessanterweise sind diese Kameras – obwohl ich auch zusätzlich noch Kameras der X-Pro-Serie benutze – für mich etwas ganz Besonderes. Ich mag die Reduktion auf ein Objektiv und den kreativen Zwang, den mir diese Limitierung auferlegt.
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Die Fuji habe ich fast immer dabei. Sie liegt im Auto neben mir, denn ich liebe Drive-by Shots. Ich habe sie dabei, wenn ich mich ins Café setze oder einen Spaziergang mache. Sehr viele Bilder sind so im Vorbeigehen entstanden. Allerdings setze ich die Kamera auch im Job ein. Gerade in meinem Spezialgebiet, der Medizinfotografie, sind leistungstarke und unauffällige Kameras von großem Vorteil. Nicht, dass ich unerlaubt Bilder machen würde, aber nicht aufzufallen ist oft ein großer Vorteil. Die X100 ist durch ihren Zentralverschluss extrem leise, sie ist klein und man kann mit bis zu einer 1/8.000 Sekunde blitzen. Außerdem hat sie einen eingebauten ND-Filter. Gerade bei Porträts ist das manchmal von Vorteil. Der einzige, kleine Nachteil ist, dass sie keinen zweiten SD-Kartenschacht hat. An diesen Sicherheitsaspekt habe ich mich bei anderen Kameras sonst schon sehr gewöhnt.
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Eine gute kompakte Kamera muss genauso wie jede andere Kamera standfest sein. Sie sollte ein gutes und lichtstarkes Objektiv haben und ich mag es, wenn ich eine Kamera einigermaßen intuitiv bedienen kann. Ich mag keine Kameras, bei denen ich mich durch verwinkelte Menüs tasten muss.
Praktisch ist es außerdem, wenn sich die Kompakte in das ansonsten verwendete System nahtlos eingliedert. Und wenn sie dann auch noch ein Handschmeichler ist, wenn ich das Gefühl habe, dass da alles passt und jede Taste und jedes Rad am richtigen Platz sitzt, dann ist es die Kamera, die ich gerne mitnehme. Ich habe auch mal versucht, statt mit einer Kompaktkamera mit dem Smartphone zu fotografieren. Das ist nicht komplett daneben gegangen, aber irgendwie mag ich es nicht, ohne Sucher fotografieren zu müssen und letztlich sieht man das den Bildern auch an.
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Ich fotografiere seit vielen Jahren mit Kameras die um die 25 Mexapixel haben. Aus den Dateien, die diese Kameras erzeugen, haben meine Kunden Doppelseiten für Bücher und Magazine gebaut, die Bilder sind für Messestandbebilderungen im Format 9 mal 6 Meter genutzt worden und mit einem Bild wurde eine gesamte Parkhausfassade verkleidet. Ich glaube, die Frage nach der notwendigen Auflösung stellt sich nicht mehr. Die Brennweite ist schon ein interessanteres Thema. Ich persönlich bin bei Reportagen der 35 und 50 mm Typ. Mit zwei Gehäusen und diesen beiden Brennweiten kann ich nahezu alles machen. Interessant finde ich die Entscheidung von Leica, der Leica Q mit 28 mm noch ein Modell mit 43 mm an die Seite zu stellen. Damit könnte ich auch gut leben. Lichtstarke Objektive sind für mich ein wichtiges Werkzeug für die Bildgestaltung, da ich sehr gerne mit selektiver Schärfe arbeite. Wichtig ist mir allerdings auch eine zu den kompakten Gehäusen passende Größe der Objektive. Also keine Lichtstärke um jeden Preis, sondern eine im Ganzen ausgewogene Kombination.
Sascha Rheker, Fotograf, sascharheker.com
(Foto: Peter Jülich)
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Kompaktkameras nutze ich schon seit analogen Zeiten, weil es einfach praktisch ist immer eine Kamera in der Jacken- oder Hosentasche dabei haben zu können. Heute benutze ich die Fujifilm X100, die Fujifilm XF10 und die Sony RX100 V. Ob ich aber jede Kamera mit fest verbautem Objektiv unter den Begriff Kompaktkamera packen würde, da bin ich mir nicht sicher, denn der Größenunterschied zwischen einer Leica Q2 und einer M11 ist schlicht vernachlässigbar.
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Natürlich gibt es für jede leicht unterschiedliche Einsatzgebiete. Grob kann man aber sagen, dass die Kompakte immer da zum Einsatz kommt, wo eine Systemkamera zu unhandlich wäre und deshalb zu Hause bleibt. Aber auch auf Reisen mit kleinem Gepäck ist die Kompakte als Backup dabei. Und natürlich sind die Ergebnisse auch kommerziell verwertbar. Zusätzlich nutze ich die Fujifilm X100 im Unterwassergehäuse, wenn es eben ins Wasser geht oder die Umgebung anderweitig „kamerafeindlich“ ist.
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Eine Kompaktkamera muss eine bessere Kamera sein als das Smartphone. Da ich ungern mit ausgestrecktem Arm fotografiere, sind für mich deswegen ein Sucher und haptische Bedienelemente extrem wichtig. Ein echtes Wunderwerk ist da die Sony RX100 V mit ihrem ausfahrbaren elektronischen Sucher. Und natürlich erwarte ich von einer Kompaktkamera auch bessere Bilddaten als aus einem Smartphone. Auch in dem Sinne, das die Ergebnisse möglichst homogen mit dmn Material aus den Systemkameras sind. Und auch, wenn es oft extrem praktisch ist, Bilder direkt aus dem Smartphone verschicken zu können, fügt sich eine Kamera mit einer Speicherkarte viel besser in meinen normalen Workflow und das Archivsystem.
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Bei einer Kompakten muss die Qualität der Bilddaten passen so wie eine analoge Kompakte früher auch mit Kodachrome geladen werden konnte. Wenn die Bilder, die am Ende herrauskommen, nicht mit den Ergebnissen der Systemkamera mithalten können und man im Nachhinein bedauert, nicht doch „die richtige Kamera“ mitgenommen zu haben, dann ist eine Kompaktkamera sinnlos.
Darüber hinaus ist jede Kamera immer ein Kompromiss (oft wohl auch aus Marketingerwägungen der Hersteller. So wäre die Fuji XF10 eine nahezu perfekte Kamera, wenn sie denn einen Sucher hätte. Eine ideale Kompaktkamera sollte deswegen mit einer leichten Weitwinkel-Brennweite aufwarten, die aber auch noch Porträts erlaubt. Damit wären wir dann bei 35mm oder einem 24-70er Zoom. Und auch die anderen Parameter sollten darauf abzielen, die Kamera möglichst universell nutzen zu können, weshalb Lichtstärke, Auflösung und Sensorgröße harmonieren müssen.
Joachim Schroeter, Amateurfotograf, mylenwyd.com
(Foto: Pia Post)
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Neben einer Reihe von Kameras mit Wechselobjektiven nutze ich auch immer einige mit integrierter Optik – wegen der Unauffälligkeit, Schnelligkeit und/oder Wetterfestigkeit, je nach Modell. Aktuell ist meine bevorzugte Kompakte eine Ricoh GR IIIx, mit APS-C-Sensor, maximaler Lichtstäre f2.8 und umgerechnet knapp 40mm Brennweite: Sie ist klein und leicht und ich kann die Kamera praktisch immer bei mir tragen. Davor hatte ich für ein halbes Jahr eine Leica Q2 (28mm). Die Leicas der Q-Serie stellen für mich bislang den Höhepunkt im Bedienungskonzept von Vollformat-Kleinbildkameras dar: Sie hat nur ganz wenige Schwächen und ist völlig intuitiv zu bedienen. Leider musste ich beinahe jede Datei noch beschneiden, wenn Zäune, Straßen, usw ein näheres Herangehen verhindert hatten. Wenn es eine Qx mit 35mm-Optik gäbe, sie wäre zusammen mit einer Ricoh GR mit gleicher Brennweite mein ständiges Reise- und Stadt-Duo.
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Die Leica Q2 hatte ich in der Freizeit beinahe ständig bei mir. Das lag aber auch daran, dass ich sie gezielt für ein Street-Photography-Projekt genutzt habe. Für Büro, Theater, usw hingegen ist sie für mich zu auffällig. Deshalb begleitet die Ricoh GR IIIx mich ständig – tagsüber in der Tasche meines Jacketts zum Anzug, und in der Freizeit in der Hemden- oder Jackentasche. Lediglich im Sommer nutze ich gelegentlich noch eine kleine Gürteltasche – aber das eher wegen des Komforts.
Ich bin reiner Amateurfotograf, insofern stellt sich bei mir die Frage nach dem beruflichen Einsatz nicht. Aber die kleine Ricoh hat bei Veranstaltungen in Beruf und Freizeit schon oft die im Vergleich zu Smartphones deutlich besseren Aufnahmen geliefert. Ein wesentlicher Vorteil ist aus meiner Sicht die Festbrennweite, die bei der GR IIIx umgerechnet etwa 40-mm beträgt und somit dem „natürlichen“ Blick entspricht. Damit weiß ich schon vor dem „Hochfahren“ der Kamera, was für einen Blickwinkel sie hat und kann mir langes und umständliches Zoomen sparen. Sie ist sofort einsatzbereit. Schließlich bin ich selbst bei Wechselobjektivkameras in der Regel nur mit einem einzigen Objektiv unterwegs, bei Porträt-Sessions allenfalls mit einer zweiten Brennweite.
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Bei Kompaktkameras ist mir das „Kompakt“ sehr wichtig, d.h. sie muss in Größe und Gewicht dem Einsatzzweck entsprechen. Am besten sollte sie in die Jacken- oder Hosentasche passen oder aber unauffällig und kaum spürbar um den Hals oder über die Schulter hängen. Als nächstes ist mir die Haptik und die Bedienoberfläche wichtig, also eine gute Einstellbarkeit durch physische Regler, ohne viel in Menüs gehen zu müssen: In neun von zehn Fällen wähle ich eine Kamera „mit der Hand“, die technischen Daten sind dann eher Nebenbedingung. Wetterfestigkeit ist ein großer Vorteil, vor allem bei größeren Modellen wie z.B. einer Leica der Q-Serie – aber auch eine Taschenkamera im Stile einer Ricoh GR könnte davon noch profitieren, solange die Dichtungen nicht zu sehr auftragen..
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Wie die Anglophonen so gerne sagen: Horses for courses. Das Handwerkszeug nach dem Zweck. Eine Leica D-Lux 8 beispielsweise, mit einem 24-75mm Zoombereich, darf gerne „nur“ einen Micro-Four-Thirds-Sensor haben, um kompakt zu bleiben. Die ohnehin sehr kleine und leichte Ricoh GR-Serie mit Festbrennweite hingegen ist mit APSC wirklich hervorragend ausgestattet. Und für die ganz große Qualität halt auch gerne ein Vollformat wie bei der Leica Q-Serie. Diese drei Kameras zusammengenommen wären für mich sozusagen mein bevorzugter „Kompakt-Fuhrpark“.
Dabei ist die Brennweite wohl besonders individuell. So waren mir die 28mm der Leica Q2 für jeden Tag zu weit, die aktuellen 40mm der Ricoh GR IIIx sind hingegen schon etwas eng: 35mm wären für mich wohl perfekt. Auf lange Sicht wäre es toll – wenn die Produktionsbedingungen es zuließen – sozusagen „made to measure“ die eigene Lieblingsbrennweite auswählen zu können und dann innerhalb eines vertretbaren Zeitraums die Kompaktkamera mit eingebautem Objektiv geliefert zu bekommen.
Hartmut Schneider, Fotograf, hartmutschneider.de
(Foto: Diana Kraege)
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Ich besaß, seit Digitalkameras gewisse Mindestbedingungen erfüllten, durchgängig eine „Immer-dabei“-Kompaktkamera, weil ich grundsätzlich das Bedürfnis habe, in jeder Lebenslage eine Kamera zur Verfügung zu haben. Ich hatte Produkte von Nikon, Sony, Ricoh und Canon. Seit ca. zehn Jahren benutze ich dazu die Fujifilm X100-Modelle, aktuell die Fujifilm X100V.
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Ich benutze die Kamera zur Dokumentation von Familien- und Freundestreffen, für Street Photography, auf Reisen, bei Ausstellungen usw., also eher für die privaten Zwecke eines Rentners. Allerdings hat gerade in den Bereichen Familie und Freunde meine Nutzung des iPhones als Foto- und Videokamera eine zunehmende Bedeutung.
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Wichtige Eigenschaften sind für mich Zuverlässigkeit, Robustheit, gute Qualität der Fotos hinsichtlich Schärfe und Auflösung, einigermaßen gutes Rauschverhalten, weil viele der Fotos bei vorhandenem Licht entstehen. Nicht zuletzt ist die Ästhetik dieser „Immer-dabei“-Kamera für mich sehr wichtig. Diese Bedingung erfüllt die X100V in besonderer Weise mit ihrem Retrostil und ihrer Bedienungsphilosophie.
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Lichtstärke und Auflösung stehen für mich im Vordergrund. Die Begründung ergibt sich aus der Art der Nutzung (s.o.)
Gerd Struwe, Kunst- und Kulturpädagoge, VHS-Leiter a.D., sim-science.de
(Foto: Gerd Struwe)
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Ich nutze seit einigen Jahren die Sony RX100 V, mit Upgrade auf die Version VI. Bislang sehe ich in diesem Segment nichts, was ich dafür eintauschen möchte.
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Die Kamera ist wirklich kompakt und passt in die Hosentasche. Sie hat zwar nicht die Power und Geschwindigkeit einer Profikamera, dennoch ist sie für spontane Fotos bestens geeignet. Ein für mich wesentlicher Aspekt ist psychologischer Natur: Mit der Kleinen fotografiere ich nicht mit der Ernsthaftigkeit, die die Große immer initiiert. Es hat etwas spielerisch-befreiendes, damit Fotos zu machen. Unverhoffte Einfälle, schräge Perspektiven, Mega-Banalitäten, für die ich die Spiegelreflex nicht aus der Tasche holen würde, lassen sich mit der Kompakten en passant einfangen. Oft wird dann aus dem zufälligen Reflex bei der Auswertung der Bilder eine Anregung oder Idee für ernsthafte Projekte. Ich nutze die RX100 V aber durchaus auch absichtsvoll für Street-Fotografie, hierfür finde ich sie genial. Mit dem aufklappbaren Monitor kann man aus der Bauchnabelperspektive nahezu unbemerkt fotografieren. Mit dem rausfahrbaren Sucher ist sie auch bei viel Licht noch einsatzfähig. Man kommt damit überall nah heran, weil sie so unauffällig ist.
Bei der Kamera lassen sich alle wichtigen Parameter auch manuell einstellen. Das empfinde ich als großen Vorteil gegenüber der Handyfotografie, denn es erlaubt, damit ansatzweise so zu arbeiten, wie mit einer „Großen“.
Für konkrete Projekte, bei denen klar ist, was ich fotografieren will, setze ich die Kompakte wegen der begrenzten Mittel nicht ein. Makro, Repro, Action, Landschaft und vieles mehr fallen komplett aus. Doch meine Kleine ist immer dabei, kommt überall mit hin, selbst wenn ich das große Equipment mitschleppe. Denn ein spontaner Impuls lässt sich damit fast immer auf die Schnelle umsetzen.
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Sie sollte zu aller erst möglichst klein und leicht sein. Die wesentlichen Einstellungen sollten auch manuell möglich sein. Die Optik muss überzeugen und sie sollte auch im Raw-Format speichern. Wetter- und Stoßfestigkeit sowie eine kurze Einschaltzeit sind wünschenswert.
4.
Die Lichtstärke ist bei den meist kurzen Brennweiten dieses Kameratyps ausreichend. Längere Brennweiten finde ich für Kompakte überflüssig, außerdem geht die längere Brennweite insbesondere bei Zoomobjektiven bei den Kleinen oft auf Kosten der Bildqualität. Mehr Auflösung ist immer schön, muss aber nicht unbedingt sein.
Philipp J. Bösel, Grafikdesigner und Fotograf, enigmart.de
(Foto: Lennart Timpner)
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Ich habe schon mehrfach dar-über nachgedacht, mir eine Kompaktkamera zuzulegen – genauer gesagt ein Modell mit einem lichtstarken, fest verbauten Objektiv und einer hohen Bildauflösung, wie zum Beispiel die Leica Q3. Solche Kameras versprechen eine hervorragende Bildqualität, gerade auch bei schwierigen Lichtverhältnissen, und wären damit eine echte Alternative zum Smartphone. Doch trotz aller Überlegungen habe ich mich bisher nicht zum Kauf durchringen können. Die Leica Q3 erschien mir letztlich einfach zu groß und zu schwer, um sie wirklich regelmäßig mitzuführen – vor allem im Alltag. Mein Smartphone hingegen habe ich immer griffbereit in der Hosentasche, was natürlich einen unschlagbaren praktischen Vorteil darstellt. Doch gerade in Situationen mit wenig Licht oder wenn es um hochwertige Ausdrucke geht, stoße ich mit der Kameraqualität des Handys schnell an Grenzen. Die Bilder sind dann oft nicht scharf genug, das Rauschverhalten ist deutlich sichtbar, und insgesamt lässt die Bildqualität doch spürbar zu wünschen übrig.
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Vor rund 20 Jahren habe ich regelmäßig mit der Leica Digilux 2 für die Internet-Redaktion des WDR fotografiert. Damals stand vor allem die schnelle Verfügbarkeit der Aufnahmen im Vordergrund – wir wollten die Bilder möglichst zügig online veröffentlichen. Die technische Auflösung der Kamera spielte dabei eine eher untergeordnete Rolle, auch wenn sie mit ihren 5 Megapixeln (2560 × 1920 Pixel) für die damalige Zeit durchaus ordentlich war. Die Digilux 2 war streng genommen auch keine klassische Kompaktkamera: Sie verfügte zwar über ein fest verbautes Objektiv mit einem Brennweitenbereich von 28–90 mm (umgerechnet auf Kleinbild), war jedoch von der Bauweise her deutlich größer und schwerer als heutige Kompaktmodelle. In meinem heutigen beruflichen Alltag verwende ich keine Kompaktkamera mehr. Stattdessen setze ich auf eine spiegellose Systemkamera, beispielsweise aus der Nikon Z-Serie. Diese bietet mir die nötige Flexibilität und Bildqualität, die ich für meine Arbeit brauche. In Kombination mit einem kompakten, lichtstarken Objektiv – etwa einem 28mm f/2.8 – ergibt sich ein Setup, das qualitativ überzeugt und dabei kaum größer ist als eine Leica Q. Für mich ist das derzeit die optimale Lösung.
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Eine kompakte, handliche Kamera mit kleinen, leichten Objektiven – das wäre grundsätzlich eine interessante Lösung. Aber warum sollte das Objektiv fest mit dem Kameragehäuse verbunden sein? Für mich ergibt das wenig Sinn. Ich schätze die Flexibilität und die Möglichkeit, je nach Situation das passende Objektiv zu wählen. Seit über 35 Jahren fotografiere ich mit dem Leica M-System und bin diesem treu geblieben. Die Kameras dieses Systems überzeugen mich durch ihre Reduktion aufs Wesentliche, ihre Qualität und die besondere Haptik. Der einzige wirkliche Nachteil ist, dass diese Kameras über keinen Autofokus verfügen. Das macht sie nicht immer zur ersten Wahl – vor allem dann nicht, wenn es schnell gehen muss, wie zum Beispiel in der Theaterfotografie. Für bestimmte Aufnahmesituationen ist das M-System daher nur bedingt geeignet. Mit dem Gedanken, eine klassische Kompaktkamera zu verwenden, habe ich mich bis heute nicht anfreunden können. Auch das Smartphone ist für mich kein vollwertiger Ersatz. Ich fotografiere damit nur selten – eher aus praktischen Gründen denn aus Überzeugung. Für mich ist die Haptik einer Kamera mindestens genauso wichtig wie ihre technischen Eigenschaften. Ich muss das Gefühl haben, dass die Kamera zu mir passt, dass ich sie intuitiv bedienen kann, dass sie mich beim Fotografieren unterstützt und nicht im Weg steht. Kurz gesagt: Ich muss mich mit der Kamera wohlfühlen – das ist für mich entscheidend.
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Eine ideale „Kompaktkamera“ sollte meiner Meinung nach vor allem zwei wesentliche Merkmale mitbringen: ein lichtstarkes Objektiv mit einer leichten Weitwinkelbrennweite – idealerweise 28 mm oder 35 mm – sowie eine hohe Bildauflösung. Diese Kombination ermöglicht es, auch bei schwierigen Lichtverhältnissen noch überzeugende Ergebnisse zu erzielen und später bei der Bildbearbeitung vernünftige Ausschnitte zu wählen, ohne dass die Bildqualität zu sehr leidet. Gerade die hohe Auflösung ist für mich ein entscheidender Punkt, da sie kreative Freiheit in der Nachbearbeitung schafft, zum Beispiel durch gezielte Crops oder Re-Kompositionen. Allerdings entspricht diese Arbeitsweise – also das nachträgliche Festlegen des Bildausschnitts – nicht unbedingt meinem bevorzugten fotografischen Ansatz. Ich arbeite meistens bewusst mit einer festen Brennweite, insbesondere wenn ich auf der Straße fotografiere. In der Street Photography geht es mir um das direkte Sehen und Erfassen eines Moments durch den Sucher, ohne mich auf spätere Korrekturen zu verlassen. Eine Kamera, ein Objektiv, volle Konzentration auf das Motiv – das ist für mich die Essenz dieser Art der Fotografie. Ein interessantes historisches Beispiel ist für mich der Fotograf Chargesheimer, der mit einer Linhof Super-Technika IV im Format 6×9 cm gearbeitet hat – einer Kamera, die ebenfalls mit einer Festbrennweite ausgestattet war. Trotz ihrer imposanten Größe und einem Gewicht von rund 3,5 Kilogramm bot sie durch das Mittelformat eine außergewöhnlich hohe Auflösung. Das ermöglichte es ihm, kleine Bildausschnitte nachträglich stark zu vergrößern, ohne sichtbare Qualitätseinbußen in Kauf nehmen zu müssen. Auch wenn diese Kamera sicher alles andere als kompakt war, verdeut-licht sie, wie wichtig Auflösung sein kann – gerade wenn man mit einem festen Objektiv arbeitet und dennoch flexibel in der Bildgestaltung bleiben möchte.
David Klammer, Fotograf und Videograf, davidklammer.com
(Foto: Serge Duursma)
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Ich besitze seit Jahren eine Fujifilm X100F, das ist meine Immer-Dabei-Kamera und ein Eisbrecher, wenn es darum geht, in Kontakt mit Menschen zu treten. Es gibt dabei zwei Faktoren, die für mich bei einem solchen Gerät spannend sind: Erstens ist die Kamera recht klein und damit für andere weit weniger „bedrohend“, besonders, wenn ich in klandestinen Situationen fotografiere. Außerdem passt sie in jede Tasche. Andererseits bringt gerade die Beschränkung auf ein Objektiv einen großen Gewinn, auch wenn sich das wie ein Paradoxon anhört. Ich lerne zu sehen wie die Brennweite und kann mich gerade in journalistischen Situationen sehr viel besser auf die Motive konzentrieren, die mir wirklich wichtig sind. Im Dezember dufte ich zusammen mit Bettina Flitner die neue Fujifilm GFX100RF – eine Kompaktkamera mit Mittelformatsensor – ein paar Tage in Paris testen und ein Video über Bettinas Arbeit mit ihr drehen. Und wir beide waren schockverliebt in die RF (tatsächlich hatte Bettina sie hauptsächlich in ihren Händen). Ich selbst würde sie gerne für ein größeres Projekt einsetzen, da ich den großen Sensor durch meine GFX100s sehr zu schätzen gelernt habe. Die RF ist allerdings 2025 schon ausverkauft.
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Ich fotografiere mit der X100F in Situationen, in denen ich unauffällig sein möchte, sei es auf Demonstrationen oder bei Events, die einen fast privaten Charakter haben. Interessanterweise werde ich oft nicht ernst genommen, was mir aber auch ganz gut gefällt. Ein fest verbautes 35mm (umgerechnet auf KB) bedeutet, dass ich den Menschen nahe kommen kann, ohne ihnen auf die Pelle zu rücken. Eine One-Lens-Camera bringt aber, ähnlich wie eine analoge Systemkamera auch ein gewisses Prestige mit sich durch die Reduktion, welche mit ihr einhergeht. Eine Reduktion auf das Wesentliche, welche zielgerichtetes Sehen und „Sparsamkeit“ beim Fotografieren mit sich bringt. Fotografierende mit einer Kamera ohne Wechseloptik setzen sich so auch äußerlich von der „fotografierenden Masse“ ab. Dieses Prestige geht ebenfalls einher mit dem hohen Kaufpreis dieser in geringen Stückzahlen gebauten Kameras.
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Einfache Bedienung, gute Menüs, Robustheit. Das Gefühl, ihr vertrauen zu können. Eine Kompaktkamera ist für mich die Erweiterung meiner Augen.
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Die Entwicklung einer Kompaktkamera wie der GFX100RF ist so etwas wie die Quadratur des Kreises. Sie soll klein sein, lichtstark, hochauflösend. Alles zusammen geht leider nicht. Ich empfand die Lichtstärke von 4 als zu gering, hätte mir eine 2,8 oder 3,5 gewünscht. Aber dann wäre die Kamera sehr viel größer geworden. Und die analogen Vorgänger, wie Makina 67 oder Mamiya 7 hatten ja auch Weitwinkel mit einer 4er-Blende. Die Brennweite ist für mich der Ausgangspunkt. Denn ich will eine Kompakte ja auch für bestimmte Aufnahmesituationen einsetzen. Da ist auf Vollformat gerechnet ein 28-35er für mich ideal für Dokumentations- und Reportagefotografie, weniger geeignet für Porträts. Und ja, die Auflösung von 102 Megapixeln bei einem extrem hohen Dynamikumfang in einem sehr kompakten Gehäuse sind auch toll. Blende 4 ist da ein Wermutstropfen, den man wohl schlucken muss. Die etwas kleineren Pendants, wie Leica Q oder Fujifilm X100, sind sicher universeller einsetzbar.
Dennis Wilhelms, Fotograf, denniswilhelms.com
(Foto: Maarten Corbijn)
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Zu meinem 40. Geburtstag habe ich mir selbst das Geschenk einer Leica Q2 gemacht. Zuvor hatte ich bereits die X100-Serie von Fujifilm getestet, diese war aber aus einem einfachen Grund für mich ungeeignet: die Finger meiner linken Hand waren unverhältnismäßig häufig im Bild vertreten, weil das Objektiv für meine gewohnte Handhaltung schlicht zu kurz ist. Das hat den Spaß am Nutzen dieser Kamera stark eingeschränkt, deswegen war mir schon nach kurzer Zeit klar, dass mir die X100 nicht „passt“.
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Gedacht war die Leica als kleine – eben kompakte – Kamera, die ich aufgrund ihrer Größe und des Gewichts problemlos jeden Tag dabei haben kann, um freie Reportagen und Alltag zu fotografieren. Ich setze sie inzwischen zusätzlich auch bei Porträts und Theaterfotografie ein, wobei sie meine „Arbeits“-Kameras nicht ganz ersetzt, weil ich in diesen Arbeitsfeldern auch gerne längere Brennweiten und die damit verbundene Möglichkeit der perspektivischen Kompression nutze. Was ich den Teilnehmer:innen meiner Fotografiekurse immer nahe bringen möchte: Der Minimalismus einer nicht veränderbaren Brennweite vereinfacht die Fotografie immens, da ich immer weiß, wie nahe ich meinem Motiv kommen muss, um Bildaufbau und perspektivische Gestaltung so zu erreichen, wie ich es möchte. Es befreit von Entscheidungen und oft notwendigen Kompromissen, die getroffen werden wollen, wenn es die Möglichkeit unterschiedlicher Brennweiten und Objektive gibt. So können sich Fotograf:innen ganz auf das scheinbar wenige einlassen, was ihnen zur Verfügung steht und in dieser Einschränkung gleichzeitig der japanischen Philosophie des iki – einer wohlkuratierten Einfachheit – nahekommen und ihre spezialisierte Ausrüstung schneller meistern als dies mit umfangreicherem Equipment geschieht.
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Sehr angetan bin ich von der robusten Bauweise der Leica Q2, die ich schon bei Sandstürmen und in sehr feuchten und regnerischen Gebieten verwendet habe. Dabei sind weder Wasser noch Sandkörner in das Gehäuse eingedrungen, was für meine Urlaube und manche Reportageaufträge wichtig ist. Darüber hinaus verwende ich auch Kompaktkameras gerne mit Blitzgeräten und erwarte Kompatibilität zu gängigen Aufsteckblitzen und Funksendern samt ETTL-Fähigkeit. Wenn es darüber hinaus noch zwei Speicherkartenslots gibt, um zum Beispiel bei mehrwöchigen Wanderungen bereits ein erstes Backup der Bilder zu haben, und die Möglichkeit tethered – also direkt von der Kamera in den Rechner – zu fotografieren, erfüllt diese (noch fiktive?) Kamera alle meine Wünsche.
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Eines der wichtigsten Gestaltungsmerkmale meiner Fotografie ist Perspektivwirkung, weswegen die passende Brennweite für mich der Hauptfaktor bei einer Kamerawahl mit unveränderbarer Brennweite ist. Viele Jahre habe ich mit 35mm an Kleinbild-Vollformat sehr viel Erfahrung gesammelt, so dass die weitwinkligeren 28mm der Leica Q-Serie erst einmal ungewohnt und nicht immer einfach waren. Inzwischen weiß ich den weiteren Bildwinkel sehr zu schätzen und kann sie sehr vielseitig auch für Porträts einsetzen. Hier hilft dann auch eine hohe Auflösung, da engere Bildschnitte auch scheinbar längere Brennweiten simulieren, sofern genügend gecroppt wird.