Sam Jensen (USA) hat mit ihrem Projekt „Holding fire between my fingers“ die Jury des PROFIFOTO NEW TALENT AWARDS 24/2 überzeugt. Die junge Künstlerin aus Brooklyn erschafft in ihren Collagen eine Verbindung aus Verletzlichkeit und Schönheit. Indem sie Fotografien zerrreißt, verbrennt und wieder zusammensetzt, lädt sie den Betrachter ein, die Fragmente einer Identität neu zu ordnen.
Jensens Arbeiten sind geprägt von ihrer persönlichen Geschichte. Aufgewachsen in einer von Naturkatastrophen geprägten Umgebung und einer Familie, die von Sucht und Krankheit betroffen war, beschäftigt sie sich intensiv mit Themen wie Verletzlichkeit, Verlust und Wiederherstellung. Diese persönlichen Erfahrungen spiegeln sich in ihren oft zerbrechlichen und fragmentarischen Bildkompositionen wider.
Die Künstlerin betont, dass sie sich nicht für eine perfekte Darstellung der Realität interessiert. Vielmehr möchte sie die Unvollkommenheit und die Flüchtigkeit des Lebens einfangen. In ihren Arbeiten sind Risse und Narben nicht Zeichen von Zerstörung, sondern Ausdruck einer authentischen Erfahrung. Die Collagetechnik ermöglicht es Jensen, diese Fragmente zu einem neuen Ganzen zusammenzufügen, das mehr als die Summe seiner Teile ist.
Ein zentrales Element in Jensens Werk ist die Berührung. Sowohl in den fotografischen Aufnahmen als auch in der physischen Bearbeitung der Bilder spielt die körperliche Interaktion eine wichtige Rolle. Durch das Zerreißen und Zusammensetzen des Papiers entsteht eine intime Verbindung zwischen Künstlerin und Werk, die sich auf den Betrachter überträgt.
Jensens Collagen sind nicht nur passive Objekte, sondern laden den Betrachter aktiv zur Teilnahme ein. Indem wir die Fragmente betrachten und versuchen, sie zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzufügen, werden wir selbst Teil des Kunstwerks. Dieser Prozess der Rekonstruktion spiegelt unsere eigene Suche nach Identität und Zusammengehörigkeit wider.
Durch das Zerreißen und Verbrennen der Fotografien schafft Jensen eine körperliche und emotionale Verbindung zu ihrem Material.
Jensens Arbeit lässt sich in den Kontext der zeitgenössischen Kunst einordnen, in der die Collagetechnik eine lange Tradition hat. Künstler wie Hannah Höch, Raoul Hausmann oder Robert Rauschenberg haben die Collage als Mittel zur Dekonstruktion und Rekonstruktion der Realität genutzt. Auch in der Konzeptkunst der 1960er Jahre spielte die Collage eine wichtige Rolle. Im Vergleich zu diesen historischen Vorbildern ist Jensens Arbeit durch ihre persönliche und intime Note gekennzeichnet. Sie verbindet die formalen Experimente der Collage mit einer tiefen Auseinandersetzung mit menschlichen Emotionen.
Die Jury: „Sam Jensen schafft mit ihren Collagen eine einzigartige und berührende Bildsprache. Ihre Arbeiten laden uns ein, über unsere eigene Identität, unsere Beziehungen zu anderen und die Verletzlichkeit des Lebens nachzudenken. Indem sie die Grenzen der traditionellen Fotografie überschreitet, eröffnet sie neue Perspektiven auf die Darstellung des Menschen. Jensens Werk ist ein Beweis dafür, dass die Kunst auch in Zeiten der digitalen Überflutung eine wichtige Rolle spielt, um uns zu berühren, zu inspirieren und zum Nachdenken anzuregen.“
Sam Jensen hat einen B.A. in Kunstgeschichte. Vor kurzem hat sie das Creative Practices Programm am International Center of Photography in NYC abgeschlossen. Ihre Arbeiten wurden in Gruppenausstellungen gezeigt, zuletzt in der Ausstellung „Shared Spaces“ am ICP. Arbeiten von Jensen wurden in Interview Magazine, Wonderland, WWD, Foto Filmic no. 19, Revue Collé und Art Seen Magazine veröffentlicht.
New Talent Award
Zweimal jährlich bietet der von Canon und ProfiFoto in Kooperation mit der Laif Genossenschaft und Whitewall ausgeschriebene New Talent Award Fotografinnen und Fotografen die Chance, bei der Umsetzung ihrer „Bilder im Kopf“ Unterstützung zu finden. Das aus dem >Canon Profifoto Förderpreis< weiterentwickelte Konzept öffnet den Wettbewerb für die zahlreichen Quereinsteiger in die professionelle Fotografie. Teilnehmen können alle, die professionell in der Fotografie oder artverwandten Berufsgruppen tätig sind, gleich welchen Alters und egal ob haupt- oder nebenberuflich. Die mit 3.000 Euro jährlich dotierte Auszeichnung wird alle sechs Monate von einer renommierten Jury an fünf Bewerber vergeben, deren fotografische Handschrift überzeugt und die mit ihren Konzepten neugierig machen auf mehr. Unter den insgesamt zehn Siegerarbeiten der jährlich zwei Wettbewerbs-Abschnitte ermittelt die Jury die drei besten Arbeiten. Diese erhalten Geldpreise in Höhe von insgesamt 3.000 Euro (1. Platz 1.500, 2. Platz 1.000, 3. Platz 500 Euro).
Weitere Informationen und Teilnahmebedingungen: www.profifoto.de