Jeder spricht über die Veränderungen im Fotobusiness. Besonders in der Werbefotografie beklagen viele Fotografinnen und Fotografen den Mangel an guten Jobs und die Kürzung der Budgets. Aber wo sind die Jobs hin und wo wird investiert, wenn es um die Produktion von professionellem Bildcontent geht? KI, 3D-Produktionen oder Influencer? Es hilft, wenn Fotografinnen und Fotografen sich darüber klar werden, mit welcher Konkurrenz sie es zu tun haben und womit sie rechnen sollten. Wie Jobs heute und künftig organisiert und produziert werden und welche Rolle sie selbst dabei einnehmen wollen. Denn die Zukunft der Fotografie ist nicht die Fotografie, es sei denn…
In einem Interview für ein Fotomagazin wurde ich gefragt, wie sich der Markt für Fotografinnen und Fotografen entwickelt und ob die Nachfrage fällt. Dabei ging es vorrangig um den Amateurbereich und Genres, wie beispielsweise Hochzeits- und Privatkundenfotografie, Portrait-, Landschaft, Architektur, Business, Produkt- oder Modefotografie und die Frage, in welchem dieser vielen Bereiche ich künftig Chancen für Amateurfotografen sehe. Klar, dass nicht nur Profifotografen so viel wie möglich im Fotobusiness erreichen und die richtigen Entscheidungen für die Zukunft treffen wollen.
Manche von Ihnen denken nun vielleicht, dass Amateurfotografen maßgeblich dazu beitragen, dass die Märkte sich zu Ungunsten der Profifotografinnen und Fotografen verändern. Sie nehmen nicht nur Jobs weg, wobei das für die Werbefotografie eher nicht zutrifft, sondern ruinieren auch die Preise. Mag sein, aber die wirklichen Konkurrenten der Werbefotografie sind nicht die ehrgeizigen Amateurfotografen, die auch ein Stück vom Kuchen wollen.
Auf „The Art Newspaper“ erschien vor einigen Wochen ein Online-Bericht über die Insolvenz der Werbeagentur Rankin Group des bekannten britischen Fotografen Rankin. Rankin wurde bekannt für seine Modefotografie und seine Arbeiten werden in Kunstgalerien ausgestellt. Als Ursache für die sich offenbar schon länger abzeichnende Insolvenz der Rankin Group nennt Rankin reduzierte Budgets, die Wirtschaftskrise, Sparzwänge der Auftraggeber und natürlich die KI, die mittlerweile viele Aufgaben im Bereich Design, Illustration und Bilderstellung übernimmt.
Die Sparzwänge der Unternehmen und infolgedessen auch die Budgetkürzungen der Werbeagenturen führen nicht nur bei den Fotografinnen und Fotografen zum Auftragsrückgang. Auch beim Personal auf Seiten der Unternehmen und Agenturen wird gekürzt, bzw. viele Personen müssen sich damit anfreunden, künftig auch neue Aufgaben, wie beispielsweise prompten zu übernehmen. Im Gespräch mit einer Art Producerin einer namhaften Werbeagentur bestätigte sie mir, dass visueller Content für die Agenturkunden immer häufiger nicht von Fotografen erstellt wird. Stattdessen setzen viele Brands mehr und mehr auf User generated Content. Das sind Inhalte, die von den Nutzerinnen und Nutzern selbst erstellt und geteilt werden, wie Fotos, Videos, Kommentare oder Blogbeiträge. Das Prinzip dabei ist, dass die Brands und ihre Produkte mehr profitieren, wenn eine Person wie ein Influencer oder jemand mit einer hohen Followerzahl auf Instagram, tik tok oder YouTube das Produkt durch Beiträge, bzw. Postings unterstützt. So erzielt die Brand eine hohe Reichweite für ihre Produkte, die sich dann messbar stärker verkaufen. Um diese Personen oder Influencer ausfindig zu machen, helfen spezielle Online-Plattformen, die Profile listen, die mehr als 1500 Follower haben und potenziell interessant für das Unternehmen und seine Zielgruppe sind. So erzeugt eine Person mit ihrem Content mehr Relevanz für eine Brand, als es ein Fotograf vermag, der sich weniger mit Instagram, tik tok oder YouTube beschäftigt. Für viele Marken kommt also nicht mehr so sehr auf das perfekte Foto an, sondern vielmehr auf die Sichtbarkeit und Reichweite.
Wo führt uns das hin mit der Fotografie? Schon länger gibt es Stimmen, die sich für die echte und professionelle Fotografie einsetzen, ob digital oder analog. Und das nicht nur im Journalismus und der Reportage, wo Authentizität oberste Priorität hat. Auch die Werbung setzt für manche Marken wieder stark auf Realität und Lebensbezug, anstatt auf Künstlichkeit. So erlebt die Fotografie vielleicht eine Wertsteigerung und wird künftig ganz bewusst gewählt und eingesetzt, um Echtheit und Natürlichkeit auszudrücken und das „Handwerk“ zu feiern. So, wie es zum Teil in der Modefotografie schon passiert. Ich wäre jedenfalls dabei!
Und was ist Ihre Konkurrenz?
Silke Güldner coacht Fotografinnen und Fotografen dabei, ihr Potenzial und ihre Kompetenz im Foto-Business zu entwickeln, zu präsentieren und zu verkaufen.