Manfred Heiting (Jahrgang 1943) gilt als einer der wichtigsten Sammler von Fotografien und Fotobüchern weltweit. Er veröffentlichte mehr als 50 Bücher und Kataloge, gründete Fotografiemuseen und engagiert sich seit einiger Zeit verstärkt auch finanziell in der Deutschen Gesellschaft für Photographie.

Manfred Heiting mit Karl Lagerfeld und Peter H. Fürst bei der Eröffnung der Ausstellung, die er im Auftrage der DGPh im Rahmen der Kulturpreisvergabe an Lagerfeld auf der photokina 1996 organisiert hatte
Damian Zimmermann: Herr Heiting, Sie haben ab 1966 bei Polaroid gearbeitet und dadurch viele Kontakte und ein großes Netzwerk auch zu Fotografen gehabt. In dieser Zeit haben Sie angefangen, Ihre Fotosammlung aufzubauen, die Sie 2002 an das Museum of Fine Arts in Houston übertragen haben. Danach haben Sie angefangen, eine der umfangreichsten und besten Fotobuchsammlungen aufzubauen. Ich frage mich, ob eine solche Sammlerbiografie wie die Ihre heute überhaupt noch möglich ist.
Manfred Heiting: Sie lassen das Allerwichtigste weg. Ich bin nicht als Sammler geboren. Sammler wird man, wenn man das nötige Know-how erlernt, wenn man passioniert ist und dazu auch einen langen Atem hat. Das Wichtigste bei mir ist, dass ich Schriftsetzer gelernt habe, also ein richtiges Handwerk. Dass ich weiter in der Grafik gelernt habe und dass ich dann in der Werbung als Art Direktor beschäftigt wurde. Dass ich danach bei Polaroid Chef-Designer und für das gesamte internationale Erscheinungsbild verantwortlich war. Und dann kam für mich automatisch auch der Zugang zur Fotografie, die für einen Designer und Grafiker normalerweise nur Arbeitsmaterial ist. Dies ist aber wichtig zu wissen, denn mein erster wichtiger Schockeffekt als Designer war, als mich Ansel Adams in sein Studio zitierte. Ansel war bei Polaroid unser Hausfotograf und zu der Zeit bereits einer der einflussreichsten Fotografen in Amerika. Für eine Filmbroschüre hatte ich eines seiner Fotos angeschnitten und er sagte mir: „Young man, das machen Sie nicht mehr. Ich weiß ganz genau, warum ich mein Foto so und so auslege und Sie schnipseln nicht daran herum.“ Und das ist meine Lebensphilosophie geblieben: In meiner Arbeit verändere ich niemals einen Originalprint, es sei denn, ich erhalte die Genehmigung dafür. Das alles zusammen brachte mich dann auch zum Sammeln.
Ansel Adams war auch sehr wütend auf Edward Steichen, weil er in der Ausstellung „The Family of Man“ eines seiner Bilder als Fototapete gezeigt hat. Ansel Adams war schon zu einer frühen Zeit sehr sensibel im Umgang mit seinen Bildern.
Richtig, aber er war ja auch ein exzellenter Fachmann, der auch wusste, wie er ein Negativ manipulieren konnte, um einen perfekten Abzug zu machen. Für ihn war das sehr wichtig, denn das Negativ ist nie das Original, wie oft behauptet wird. Der Druck ist das Original. Adams verglich die Fotografie mit der Musik. Es gibt die Noten des Komponisten und es gibt die Interpretation des Orchesters unter dem Dirigenten. Aber die Interpretationen werden selten identisch sein, obwohl die Noten immer die gleichen sind.

Manfred Heiting mit der damaligen Direktorin Marloes Krijnen im FOAM – Fotomuseum Amsterdam
Das ist sehr interessant, denn das würde ja dafür sprechen, dass es auch bei einer Auflage von Fotografien eigentlich nie eine Auflage gibt, sondern immer nur eine Reihe von Originalen. Zumindest bei analoger Fotografie.
Ja, und die müssen datiert werden. Von Adams‘ berühmtestem Bild „Moonrise, Hernandez, New Mexico“ gibt es mehr als tausend Abzüge. Und die sind unterschiedlich. Natürlich, bei der digitalen Fotografie, wo jeder Abzug aussieht wie der andere, weil alles einmal fest eingestellt wurde, ist das anders. Die Festlegung einer Auflage ist auch nur für den Kunstmarkt wichtig. Für das Medium Fotografie an sich ist diese Limitierung eher lächerlich. Bei den analogen Abzügen können Sie die Unterschiede auch sehen und beim „Moonrise“ dann sagen: „Nein, ich will nicht den frühen Abzug, sondern den späteren, aber nicht die ganz späten, denn da wurden die Abzüge immer dunkler und die Wolken waren kaum noch zu sehen.“ Das können Sie aber nur wissen, wenn Sie viele Originale nebeneinander gesehen haben, was ja immer seltener möglich wird – und deshalb ist die Datierung so wichtig.
Dieses Vergleichen von verschiedenen Exemplaren ist Ihnen offensichtlich sehr wichtig, denn auch in Ihrer Fotobuchsammlung haben Sie nicht von jedem Buch einfach nur irgendein Exemplar gehabt, sondern möglichst von jeder Auflage eines. Damit haben Sie auf die Bandbreite und die Unterschiede mit ihren verschiedenen Merkmalen hingewiesen.
Ja, das ist wichtig. Um beim Vergleich zur Musik zu bleiben, ist auch jedes Fotobuch immer eine Zusammenarbeit von vielen Beteiligten. Es ist nie nur der Fotograf allein. Ein Buch ist immer die Arbeit eines ganzen Orchesters. Natürlich ist da der Fotograf, der meistens das Thema bestimmt, aber es ist auch der Herausgeber, der Typograf, der Designer, der Drucker, der Buchbinder und auch oft der Autor. Ganz abgesehen von Papier und Druckverfahren, die eingesetzt wurden und die Gesamtqualität erst ermöglichen.

Bericht in American Photo, April 1998 (von links nach rechts): Sammler und Fotograf Werner Bokelberg, Hamburg, Kurator und Sammler Pierre Apraxine, New York, Sammler Thomas Walter, Berlin/Zürich, Sammlerin Marion Lambert, Genf, Herausgeber Paris Match und Sammler Roger Thérond, Paris, Manfred Heiting
Fotografie ist immer eine Gemeinschaftsarbeit.
Ja, aber so muss es auch sein. Nur so führt vorhandenes Fachwissen aller Beteiligten zum Erfolg – oder auch nicht. Und diese bestmögliche Präsentation suche ich auch in all den Büchern, die ich über deutsche, tschechische, russische, japanische und holländische Fotobücher gemacht habe. Dabei geht es mir nicht um meine Sammlung selbst. Die Sammlung von Büchern ist unwichtig. Sie ist für mich nur der Zugang zu dem, was damals gemacht werden konnte. Es geht auch nicht um den Wert einer Sammlung und darum, was ein Museum oder ein Sammler bereit ist, dafür zu zahlen. Es geht um die Informationen, die in dieser Sammlung stecken. Und da komme ich wieder zu Ihrer ersten Frage: Die notwendige Ausbildung, ein fundiertes Wissen, sind sehr wichtig, wenn man sich dem Sammeln verschreibt. Ohne dieses Wissen, ohne diese Basis, aber auch ohne meine Mentoren, hätte ich diese Aufgaben nie leisten können.
All dieses Wissen und all diese Leidenschaft mündeten in einer riesigen Fotobuchsammlung mit rund 38.000 Büchern. 2018 ist ein Großteil dieser Sammlung innerhalb weniger Minuten bei einem großen Brand in Malibu zerstört worden, zusammen mit Ihrem Haus. Das liegt nun mehr als sechs Jahre zurück. Was hat das mit Ihnen als Sammler gemacht?
Relativ wenig. Denn das Wissen und die Möglichkeit der Forschung und Auswahl zu diesem Thema sind nicht unbedingt abhängig vom physischen Besitz. Ich hatte in meinem Haus ein eigenes Studio und habe meine Sammlung immer umfangreich in meiner Datenbank dokumentiert. Diese Datenbank hatte ich dabei, als das Feuer das Haus und die Sammlung zerstörte – ich selbst befand mich damals ja auch gar nicht in Kalifornien, sondern war auf der Paris Photo. Und diese Datenbank und dieses Wissen habe ich weiterhin und habe es auch immer zur Hand. Das hat mir über das Drama des Verlustes hinweggeholfen. Mit anderen Worten: Die Sammlung war für mich nie ein Selbstzweck, und ich konnte meine wirkliche Arbeit fortsetzen.

Manfred Heitings aktuelles Büro und seine Bibliothek in Los Angels, 2024, Foto: © Patrick Cooper
Das heißt, meine Frage, ob Sie nach dem Verlust versucht haben, diese Sammlung wieder aufzubauen, erübrigt sich, weil Sie die physischen Objekte gar nicht unbedingt benötigen?
Einige wichtige Sachen habe ich mir wieder besorgt, aber ich habe mich in den letzten Jahren immer wieder auf die Vertiefung des bestehenden Wissens und auf die Zeit vor der Fotografie konzentriert. Wichtige Bücher dazu waren auch nicht in Malibu, die waren in unserer Stadtwohnung in LA. Dazu kommt man immer wieder in Situationen, wo man sich denkt „Das Buch oder diese Publikation gehört da eigentlich auch noch mit hinein“. Aktuell konzentriere ich mich jetzt aber besonders auf die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, denn zwischen 1919 und 1939 war der fruchtbarste Zeitraum in der Fotografie, im Design und in der Werbung des 20. Jahrhunderts – zumindest für mich. Bis in die 1880er Jahre waren die technischen Möglichkeiten in der Fotografie und dem Druck limitiert und wurden erst danach – besonders in Deutschland – entwickelt. Nach dem 2. Weltkrieg ist weltweit – mit wenigen Ausnahmen – nie mehr Entscheidendes auf diesen Gebieten gemacht worden.
Meinen Sie jetzt weltweit für die Fotografie?
Weltweit! Es hat auch nie so viele Magazine, Zeitschriften und Wochenbeilagen mit Fotografien gegeben wie in dieser Zeit. Das ist unglaublich. Allein in Deutschland wird es in dieser Zeit mehr als 1000 Zeitschriften gegeben haben – jeder Fachberuf hatte eine eigene Zeitschrift, auch, wenn die Auflagen vielleicht nur 500 Stück betrugen. Hinzu kamen mehrere tausend Tageszeitungen. Und ganz wichtig: In dieser Zeit waren sehr einflussreiche Ausstellungen, wie „Film und Foto“ im Jahr 1929 in Stuttgart, aber auch „Kunst der Werbung“ 1931 in Essen. Das waren weltweite Ereignisse, da ging man hin und es wurde überall darüber berichtet. Dieser Zeitraum war aus fotografischer Sicht das reinste Paradies.
Neben all Ihren Tätigkeiten rund um das Sammeln und Erforschen von Fotografie haben Sie außerdem auch noch das Fotografie Forum Frankfurt und das Fotomuseum Amsterdam, bekannt als Foam, mitgegründet. Gleichzeitig wird bis heute darüber diskutiert, ob man überhaupt spezielle Fotografiemuseen braucht.
Ich würde mal so sagen: Heute, im Jahr 2025, ein Fotomuseum zu gründen, ist ein absoluter Schwachsinn.
Das überrascht mich jetzt. Warum?
Die Fotografie ist heute oft in die bestehenden Strukturen der Museen integriert worden. Sehr oft zwar nur halbherzig, aber es ist so. Das Städel in Frankfurt ist ein gutes Beispiel dafür, wenn auch die Mittel entsprechend bereitgestellt werden. Das Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg hat zwar eine sehr fundierte und wichtige Sammlung, aber im Moment ist diese wieder unterbelichtet, weil es an Geld fehlt. Die Kunstbibliothek in Berlin ist besonders wichtig für die Fotografie, aber da hört man wenig von der Fotografie. Und das Fotomuseum in Berlin, okay, das funktioniert, aber mit wenig Geld, und „unterm Dach“, kann man natürlich auch dort wenig machen. Ich hatte bereits 2001 für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz dokumentiert, was eine Institution an Finanzmitteln und Aktivitäten gebraucht hätte. Mein Bericht über das damals geplante Deutsche Centrum für Photographie liegt vor. Das heutige Fotomuseum in Berlin ist es dann Jahre später geworden. Man darf allerdings nicht vergessen: die Kultur in Deutschland ist Ländersache – nur wenn es um Geld geht, will man natürlich gerne Bundesgelder.
Das Deutsche Fotoinstitut soll nun in Düsseldorf entstehen.
Die Geschichte mit Essen und Düsseldorf ist – meiner Ansicht nach – ein politischer und finanzieller Selbstmord. Am Ende entscheiden leider fast immer Leute, die wenig Ahnung von der Sachlage oder den Umständen haben, und noch weniger Erfahrung von personellen und finanziellen Konsequenzen haben. Weiße Haare allein sind noch kein Beweis von Kulturverantwortlichkeit. Was nun geplant werden soll und was dann wirklich gemacht werden kann, ist sicher heute unüberschaubar. Düsseldorf hat kaum etwas für die Fotografie getan, auch wenn die „Düsseldorfer Schule“ dort beheimatet ist. Aber jetzt wird daraus eine große Sache. Das klingt, meiner Ansicht nach, etwas übereifrig, wenn man jetzt auf einmal sagt „Düsseldorf wird es“. Es ist lobenswert, dass es dort politisch und finanziell möglich sein kann, aber von der Sache her macht es wenig Sinn. Essen mit dem Folkwang und der Krupp Stiftung und so weiter war und ist sehr wichtig für die Fotografie des 20. Jahrhunderts und kann sicher ein besseres Institut führen. Ja, so ist das halt – ein bisschen ist da, ein bisschen ist dort, aber den großen Wurf kann man in Deutschland nicht mehr durchsetzen. Das ist auch nicht nötig. Die Ausgangsposition war auch ein deutsches Foto-Archiv-Zentrum. Die vorhandenen Archive machen bereits gute Arbeit – nur Koordination und Bundesmittel sind noch nötig. Ich hatte meine Meinung dazu bereits in Photonews gegeben.

Manfred Heiting mit Werner Kolligs (damals Vorsitzender des Freundeskreises FFF) im
Fotografie Forum Frankfurt anlässlich der Helmut Newton Ausstellung, 1985
In den letzten Jahren haben Sie sich stark in der Deutschen Gesellschaft für Fotografie engagiert. Unter anderem geben Sie fünf Jahre lang jedes Jahr 25.000 Euro an die DGPh.
Ja, das ist die Intention, und dazu habe ich mich verpflichtet. Aber es muss natürlich auch eine inhaltliche und organisatorische Seriosität und Machbarkeit dahinterstehen. Es gab von einigen Mitgliedern unterschiedliche Meinungen zur Foto-Gala als zentrale Veranstaltung für die wichtigsten Preisverleihungen, der meine Zusage galt. Wie Sie ja wissen, wurde deswegen gegen den Vorstand mobilisiert und der ist deshalb geschlossen nicht mehr angetreten. Dabei muss es nun aber laut Mitgliederbeschluss bei der Foto-Gala bleiben. Wobei für mich der Kulturpreis das Wichtigste ist, was die DGPh, besonders international, zu bieten hat. Dieser Preis ist historisch gesehen einmalig, so etwas gibt es in der Fotografie nirgendwo auf der ganzen Welt. Der Preis wird ja nicht nur an Fotografen, sondern auch an Vermittler, Forscher, Mediziner und Techniker verliehen. Er hat eine überragende Bedeutung, und die kann man auch nicht auf begrenztem Wissen verleihen, wie es zuletzt oft geschehen ist. Man muss diesen Preis wieder international bekannt machen, um vor Ort mehr finanzielle Unterstützung zu bekommen. Denn: Die DGPh befindet sich in einer permanenten „Finanzkrise“ und die Anzahl der etwa 1000 Mitglieder stagniert auch. Das war der Ansatz, dazu wollte ich wieder meinen Beitrag geben, und der alte Vorstand, unter Martina Mettner, hatte dazu eigentlich ganz gute Vorstellungen. Und das ging dann schief.
Der Kulturpreis wurde zuletzt nicht nur während der DGPh-Gala zusammen mit drei anderen Preisen verliehen, sondern es wurde auch erst an dem Abend verkündet, wer den Preis überhaupt bekommt.
Ja, keine gute Entscheidung. Bereits die Ankündigung, wer den Kulturpreis erhält, ist eine besondere Meldung. Und dann die Vergabe. Es ist Schwachsinn, das alles bis zur Preisverleihung geheim zu halten. Ich habe dann auch klar gesagt, dass das geändert werden soll, ansonsten würde ich meine Zusage wieder zurückziehen.
Gerade im Kulturpreis spiegelt sich die große Bandbreite der Fotografie wider. Aber wenn ich mir die Preisträger der letzten 20 Jahre anschaue, sind das überwiegend Deutsche, die ihn erhalten haben. Das ist doch ein bisschen schwach, oder?
Ja, genau deshalb wollte ich auch mithelfen, mehr bekannte Kandidaten zu nennen. Wie bereits gesagt, hat die DGPh keine Mittel und keine feste, langfristig denkende und auch entscheidende Führung, die seit mehr als 30 Jahren immer nur von Leuten abhängig ist, die das ehrenamtlich machen. Und ehrenamtlich kann niemand alle notwendigen Aufgaben leisten. Früher war die DGPh auch anders aufgestellt. Es gab einen Generalsekretär – Gert Koshofer – und der war Fachmann, der konnte Reden halten, der konnte inhaltlich mitsprechen und darüber auch schreiben! Und er hatte Kontakte in der Wirtschaft, zu den Sponsoren. Aber, Mitte der 1990er gab es keine Mittel mehr, um dies auch zu finanzieren. Die Industrie entsorgte sich ebenfalls und der Vorstand wurde ausschließlich ehrenamtlich. Die Gewählten hatten dann auch eine einkommensgesicherte Anstellung in den Fachhochschulen, Museen oder als Fotografen, die das aber auch gerne machen wollten. Allerdings, wie kann ein Lehrer, Kurator oder Fotograf die anfallenden Aufgaben im Vorsitz der DGPh erfüllen? Der Blickwinkel, der Kontakt zum leider notwendigen Sponsor, ist doch viel zu eingeengt. Und externe Mittel sind absolut notwendig – die Mitglieder finanzieren die Aufgaben der DGPh nicht. Für diesen Kontakt auf Augenhöhe gab es die Position des Präsidenten und das „Amt“ ist seit Jahrzehnten von Dr. Hans Friderichs „besetzt“. Unser Präsident ist aber nun bereits über 90 und seit Jahrzehnten nicht mehr für die DGPh „aktiv.“ Die DGPh muss einen Präsidenten haben, der in der heutigen Zeit aktive Kontakte zu Politik und Wirtschaft hat.
Aber wer könnte das sein? Wer hat denn heutzutage diese Kontakte, diese Interessen und steht zur Verfügung?
Diese Person zu finden ist nicht einfach, das gebe ich zu. Und nicht jeder Angesprochene will dann auch versuchen, entsprechend zu handeln, selbst, wenn sie die entsprechenden Kontakte hat. Aber ich hatte an mehrere Personen gedacht und mit ihnen auch gesprochen. Aber wenn der (damalige) Vorstand das nicht weiterverfolgen will, kann man nichts machen.

Die „Manfred Heiting Medal of Curatorial Excellence in Photography“
Sie haben der DGPh auch angeboten, dass Sie eine „Manfred Heiting Medal of Curatorial Excellence in Photography“ für die Bereiche Sammeln, Konservieren, Archivieren, Publizieren und Bildung finanzieren wollen.
Ja, das ist auch ein Thema, das für mich sehr wichtig ist und das in der DGPh etwas untergeht. Es wurde auch beim Kulturpreis nie so richtig berücksichtigt. Es geht um die verdienstvollen Institutionen und deren Kuratoren, die 20 oder 30 Jahre lang für die Programme, Ausstellungen, Publikationen und Konservierung der Sammlungen verantwortlich waren und diese geprägt haben. Beide wollte ich mit einer international wirkenden Maßnahme ehren, wobei die Institution ein wichtiger Teil der Medaille ist. Und das sollte eben nicht ein Preis, sondern eine Medaille sein, die dann in irgendeiner Form übergeben wird. Wichtig ist, dass das Wirken dieser Institutionen und dieser Personen gewürdigt wird, und dass dadurch auch die DGPh wieder bekannter wird. Diese Medaille sollte letztes Jahr auch vergeben werden, aber nach den genannten Schwierigkeiten habe ich gesagt „Dann lieber erst mal warten“.
Das ist lobenswert, aber Sie haben die Finanzierung auch daran geknüpft, dass Sie das Entscheidungsrecht haben, wer die Auszeichnung erhält?
Nicht das Recht, aber mit dem Wissensstand, den ich mir in meinem Leben aufgebaut habe. Können Sie mir im jetzigen DGPh-Vorstand jemanden nennen, der aus Erfahrung weiß, wie in der außerdeutschen Landschaft die Museen aufgestellt sind, was deren Aufgaben sind und die entsprechenden Personen seit Jahren kennt? Ich habe vier oder fünf Personen vorgeschlagen. Die kann man auch gerne ablehnen, und ich bin offen für bessere und weitere Vorschläge. Aber ich muss Ihnen auch gestehen, so arrogant zu sein, dass ich diesen notwendigen Wissensstand beim heutigen Vorstand nicht sehe. Die Medaille ist ebenfalls kein Selbstzweck: Der Zweck ist, dass wir für die DGPh wieder international mehr Aufmerksamkeit bekommen und unser Präsident dann auch wieder mehr Möglichkeiten bekommt, um die dringend notwendigen Finanzmittel und Unterstützung von Sponsoren zu erhalten. Wir brauchen auch nicht unbedingt mehr Mitglieder – deren Mitgliedsbeitrag macht bei den heutigen Aufgaben kaum einen Unterschied. Wir brauchen aber Personen in einer Fach- und Kulturwelt, in den Unternehmen und Stiftungen, die ein sachliches Interesse daran haben, und es als eine „Kulturaufgabe“ sehen, dass es mit unserer DGPh und unserer Vorrangstellung wieder aufwärts gehen kann.
Foto oben: Manfred Heitings ehemalige Bibliothek in Malibu, 2017